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Ansage: „Wir machen weiter, löste den Knoten“

Wengeler & Kalthoff Witten: Ruhr-Hochwasser richtete im Juli großen Schaden an

Mitte Juli kam es in Teilen Deutschlands zu extremen Unwettern. Am schlimmsten waren Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen betroffen. Am 14. Juli und in der Nacht auf den 15. Juli fiel in Teilen der beiden Bundesländer innerhalb von 24 Stunden 100 bis 150 Liter Regen pro Quadratmeter. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) sprach von einem „Jahrhundertereignis“ – also einer Extremwetterlage, die nur etwa alle 100 Jahre erwartet wird.  Die Folge: Sturzfluten und Hochwasser führten auch in der heimischen Region zu immensen Sachschäden. So auch bei der Firma Wengeler & Kalthoff Hammerwerke GmbH, die in Witten Werkzeuge wie Bohrgestänge in hervorragender Qualität für die Bauindustrie, für den Hochbau, Tunnelbau, Straßenbau, Tiefbau oder Steinbruch fertigt.

Der Schock beim Geschäftsführer Dipl.-Ing. Friedrich-Wilhelm Wengeler, aber auch bei den Beschäftigten war groß, als sie am Morgen des 15. Juli das Werksgelände betraten. Die Ruhr war über die Ufer getreten und die Wassermassen hatten sich über das benachbarte Gelände der Firma Wilhelm Bötzel einen Weg in die Werkshallen gebahnt. Aufgrund des abschüssigen Geländes blieb das Bürogebäude verschont, während die Maschinen und Aggregate teilweise zwei Meter unter Wasser standen. „Hatte die Ruhr beim letzten Hochwasser 1995 einen Pegelstand von 6,02 Meter, stieg er dieses Mal auf 7,07 Meter“, sagt F.W. Wengeler.

Für den Geschäftsführer steht jedoch fest, dass die Überflutung des Hammerwerkes nicht auf den Starkregen, sondern auf falsche Entscheidungen des „Ruhrtalsperrenverband“, der die Steuerung der Talsperren im Einzugsgebiet der Ruhr betreibt, zurückzuführen sind. Die Handlung aufgrund der steigenden Füllstände durch den Starkregen Wasser der Talsperren abzulassen, habe zu der Flutwelle der Ruhr geführt, die vom Sauerland über Witten und Hattingen bis zum Baldeneysee Auswirkungen hatte. „Für uns heißt das ein voraussichtlicher Gesamtschaden von 600 bis 800 Tausend Euro“, bilanziert der Eigentümer der Firma Wengeler & Kalthoff mit 38 Beschäftigten, die inzwischen auf eine 115-jährige Geschichte zurück blicken kann.

Wassermassen in den  Werkshallen lösen Arbeitsplatzängste aus

„Viele von uns waren am Tag der Flut, als sie die Wassermassen in den Werkshallen sahen, zutiefst bestürzt. Sie hatten Angst, dass unsere Arbeitsplätze auf Dauer vernichtet worden sind“, so der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Bernd Niederste-Werbeck. Die „klare Ansage“ des Chefs, dass er „weiter machen will“, habe bei den Kolleginnen und Kollegen den Knoten gelöst. Über alle Hierarchien hinweg wurden „die Ärmel hochgekrempelt“, angepackt, mit Unterstützung der Feuerwehr Wasser abgepumpt, Ölabsperrungen gelegt und das Öl mühsam abgesaugt. Erst dann sei erst richtig sichtbar geworden, welchen Schaden das Wasser angerichtet habe: Die elektronischen Steuerungen der CNC-Maschinen waren betroffen, die Stromverteilerkästen außer Gefecht gesetzt, die Härteöfen beschädigt, Gabelstapler und Werkautos Schrott. Auch wenn inzwischen schon wieder vieles instand gesetzt werden konnte, seien wohl „alle Arbeiten erst Ende des Jahres abgeschlossen.“

„Positiv für uns als mittelständisches Unternehmen ist, dass die Politik sehr schnell das „Aufbauhilfegesetz 2021“ für die betroffenen Regionen der Starkregen- und Hochwasserkatastrophe in Höhe von 30 Milliarden Euro beschlossen hat“, betont F.W.- Wengeler. In Nordrhein-Westfalen stehen Mittel in Höhe von rund 12,3 Milliarden Euro aus dem Aufbaufonds bereit. „Allerdings gestaltet sich die Umsetzung sehr zäh“, kritisiert der Firmenchef die „bürokratischen Abläufe“ bei der Beantragung und der Auszahlung der Aufbauhilfen. Dagegen hebt Wengeler lobend die schnelle Hilfe der Wirtschaftsförderung der Stadt Witten hervor.

Beschäftigte leisten Beitrag, um die Arbeitsplätze zu sichern

Aber auch von Seiten der Belegschaft kam Hilfe, nicht nur in dem die Beschäftigten zupackten, sondern auch in materieller Form. „Wir setzten uns im Betriebsrat zusammen und überlegten, was wir tun könnten, um mitzuhelfen den Betrieb und unsere Arbeitsplätze zu sichern“, berichtet Bernd Niederste-Werbeck. Der Vorschlag den Betrag, der sich aus dem Verzicht auf drei Monate Überstundenprozente und einmalig auf das tarifliche Zusatzgeld T-Zug A (27,5 Prozent eines Monatsentgelts) ergibt, „der Firma zur Sanierung zur Verfügung zu stellen, ist auf breite Zustimmung in der Belegschaft gestoßen“, fügt Sven Berg, Gewerkschaftssekretär der IG Metall Ennepe-Ruhr-Wupper hinzu.

„Dafür sicherte uns der Geschäftsführer zu, dass das tarifliche Weihnachtsgeld ungekürzt zur Auszahlung kommt“, erklärt der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende. Dass eine solche Aktion möglich war, sei auch der Tatsache geschuldet, dass der Betrieb „tarifvertraglich gebunden ist und die betriebliche Mitbestimmung akzeptiert wird.“

„Wir praktizieren hier im Betrieb eine sozialpartnerschaftliche Zusammenarbeit“, so der gemeinsame Tenor. Wengeler & Kalthoff ist nicht nur Mitglied im Arbeitgeberverband der Metall- und Elektronindustrie Ruhr/Vest, sondern F.W. Wengeler auch dessen Vorsitzender.

„Da eine Wiederholung der Flutkatastrophe nicht auszuschließen ist, haben wir die Bezuschussung des Baus einer rd. 120 m langen Hochwasserschutzmauer in Höhe von 50 Tausend Euro beantragt“, sagt der Firmeninhaber Wengeler. Stehe diese Mauer, dann sei es leichter mit eigenen Pumpen eingedrungenes Wasser zu entsorgen. Trotz aller Probleme und Sorgen schaut der Geschäftsführer zuversichtlich in die Zukunft: Zwar seien durch den Produktionsausfall „einzelne Aufträge“ verloren gegangen, doch unsere Kunden sind „nicht abgesprungen“.

Autor: Otto König

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