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Arbeitsunfall eines Werkvertrag‘lers

Wenn ein Beschäftigter, der beispielsweise über einen Werkvertrag im Betrieb eingesetzt ist, einen Arbeitsunfall hat, kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber verlangen, dass er ihn darüber informiert. Das hat Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden. Die Richter in Erfurt haben damit die Rechte des Betriebsrats beim Arbeits- und Gesundheitsschutz gestärkt.

Das BAG hat am 12.03.2019 entschieden, dass der Betriebsrat vom Arbeitgeber verlangen kann, auch über Arbeitsunfälle unterrichtet zu werden, die Beschäftigte eines anderen Unternehmens im Zusammenhang mit der Nutzung der betrieblichen Infrastruktur des Arbeitgebers erleiden.

Streitfall: Zwei Unfälle von „Fremdpersonal“

Im Streitfall ging es darum, dass sich auf dem Betriebsgelände des Arbeitgebers, der Zustelldienste erbringt, zwei Arbeitsunfälle ereignet hatten. Zwei Arbeitnehmer eines anderen Unternehmens (Servicepartner des Arbeitgebers), die im Rahmen von Werkverträgen eingesetzt waren, verletzten sich, als bei der Beladung von Paletten Überladebleche wegrutschten. Da es sich um „Fremdpersonal“ handelte, meldete der Arbeitgeber diese Unfälle – anders als bei „eigenen“ Arbeitnehmer*innen – weder bei der Berufsgenossenschaft noch unterrichtete er darüber den Betriebsrat.

Betriebsrat fordert Informationen

Der Betriebsrat verlangte daraufhin gerichtlich vom Arbeitgeber, über derartige Unfälle rechtzeitig informiert zu werden, Kopien der Unfallanzeigen an die zuständige Berufsgenossenschaft zu erhalten sowie künftig jede Unfallmeldung gegenüber der Berufsgenossenschaft vor der Erstattung zur Gegenzeichnung vorgelegt zu bekommen.

BAG stärkt Auskunftsrecht

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats hatte vor dem BAG teilweise Erfolg: Nach § 89 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz müsse der Betriebsrat vom Arbeitgeber bei allen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz und der Unfallverhütung stehenden Fragen hinzugezogen werden. Hiermit korrespondiere ein entsprechender Auskunftsanspruch des Betriebsrats.

Die auf die Unfallanzeigen bezogenen Begehren des Betriebsrats waren dagegen – anders als in Bezug auf Unfälle „eigener“ Arbeitnehmer*innen, für die eine entsprechende gesetzliche Pflicht des Arbeitgebers zur Vorlage und Beteiligung des Betriebsrats besteht – nicht erfolgreich.

Stammbeschäftigte und Fremdpersonal profitieren

„Diese Entscheidung der obersten Arbeitsrichter zum Auskunftsanspruch bei Arbeitsunfällen stärkt die Rechte des Betriebsrats beim Arbeits- und Gesundheitsschutz“, kommentiert DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach die Entscheidung des Gerichts. „Im Gegensatz zu den Vorinstanzen, die einen solchen Unterrichtungsanspruch nach geltendem Recht abgelehnt haben, erweitert das BAG diesen Anspruch auch auf Arbeitsunfälle von Beschäftigten, die weder beim Arbeitgeber angestellt noch Leiharbeiter sind, sondern über einen Werkvertrag auf ihrem Betriebsgelände eingesetzt sind.

Nach Studien zum Unfallgeschehen ist gerade Fremdpersonal in den Betrieben von Arbeitsunfällen viel häufiger betroffen, als Stammpersonal. Dies gilt besonders für Geringqualifizierte und Nicht-Muttersprachler. Doch auch die Stammbeschäftigten profitieren von dieser Entscheidung, da aus den Unfällen von Fremdpersonal – wie das BAG betont – arbeitsschutzrelevante Erkenntnisse für die betriebszugehörigen Arbeitnehmer*innen für die die Interessenvertretung zuständig ist, gewonnen werden können. Nur durch die Kenntnis aller Unfälle, die sich auf dem Betriebsgelände oder in den Betriebsgebäuden ereignen, kann höheren Unfallgefahren zum Schutz aller Beschäftigten entgegengesteuert werden.“

Foto: Thomas Range

 

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