
Tarifrunde M+E-Industrie: Tarifverhandlungen auf Februar vertagt
Es gibt in der diesjährigen Metall-Tarifrunde noch viel zu tun. Das ist der Eindruck, nach der 2. Verhandlungsrunde am Anfang dieser Woche. In Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg sowie in Norddeutschland wurde weiterverhandelt. Einen Durchbruch gab es in der zweiten Gesprächsrunde erwartungsgemäß nicht. Immerhin aber verzichteten Gewerkschaften und Arbeitgeber auf harsche Kritik an der Gegenseite, zumindest in Nordrhein-Westfalen. „Auf beiden Seiten ist der Wille erkennbar, gemeinsam die Herausforderungen der Transformation in den Betrieben anzugehen und Lösungen zu finden“, sagte IG Metall Bezirksleiter und Verhandlungsführer Knut Giesler.
Allerdings hatten sich die Tarifparteien in NRW auch den am wenigsten schwierigen Punkt für ihre Verhandlungen vorgenommen. In der 2. Tarifverhandlung in NRW ist es vor allem um das Thema „Zukunftstarifverträge“ gegangen. Damit soll ein tarifpolitischer Rahmen geschaffen werden, um die Transformation der Industrie in den Betrieben gestalten zu können. Knut Giesler: „Die Herausforderungen der Zukunft müssen rechtzeitig angepackt werden“. Dazu seien in den Betrieben eine gemeinsame Analyse notwendig, um frühzeitig positive Veränderungsprozesse – auf die spezielle Situation eines Betriebes zugeschnitten – beschreiben und festlegen zu können. Welche Investitionen braucht ein Betrieb, um in Zukunft noch wettbewerbsfähig zu sein? Welche Fortbildung brauchen Beschäftigte in Zeiten der Digitalisierung? Was passiert mit Beschäftigten, deren Job womöglich wegfällt? Welche Qualifizierung erhalten sie? Das sind alles Fragen, auf die wir Antworten brauchen“, sagte Giesler.
Die Transformation sei „die Kernherausforderung für unsere Industrie“, sagte auch der Präsident der nordrhein-westfälischen Metallarbeitgeber, Arndt G. Kirchhoff. Da sie aber jedes Unternehmen unterschiedlich treffe, müsse die letztendliche Entscheidung über Maßnahmen auch auf der betrieblichen Ebene fallen und er betonte, die „unternehmerische Freiheit“ dürfe nicht eingeschränkt werden. Was im Klartext heißt: Die Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte dürfen auf keinen Fall erweitert werden.
Die IG Metall forderte darüber hinaus Verbesserungen bei der Übernahme sowie eine Initiative zur Förderung der Ausbildung. Die Ausbildung werde überwiegend aus Gründen der Kostenersparnis in den Betrieben zurückgefahren, so die Mitglieder der IG Metall-Verhandlungskommission, was die Arbeitgeber bestritten: Es sei eine Folge der Reduzierung von Arbeitsplätzen. Beim Thema Dual Studierende besteht nach wie vor Uneinigkeit über den Regelungsbedarf. Deshalb wurde eine Auswertung bestehender Verträge für Dual Studierende vereinbart, um so den Umfang des Regelungsbedarfs zu klären.
Bei anderen Themen hakt es
Bei anderen Themen hakt es dagegen. Hauptknackpunkt der weiteren Verhandlungen wird sein: Die IG Metall fordert für die Beschäftigten vier Prozent mehr Geld, das je nach Lage der Betriebe unterschiedlich für Beschäftigungssicherung oder Lohnerhöhungen eingesetzt werden kann. Wo es gut läuft, sollen die Löhne erhöht werden. In kriselnden Firmen soll das Geld in einen teilweisen Entgeltausgleich fließen, der dafür gezahlt werden soll, dass die Beschäftigten ihre Arbeitszeit reduzieren – Stichwort: Optionsmodell zur Vier-Tage-Woche.
Dagegen sehen die Arbeitgeber angesichts der Corona-Pandemie und der andauernden Industrierezession keinen Verteilungsspielraum. „Wir müssen aufpassen, dass wir keine zusätzlichen Kostenbelastungen bekommen“, warnt NRW-Metallarbeitgeber-Präsident Arndt G. Kirchhoff. Schärfer formuliert es der neue Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf: „Es gibt absolut nichts zu verteilen.“ Und fordert eine Null-Diät für die Metaller*innen. Im Tarifgebiet Baden-Württemberg legten die Arbeitgeber Forderungen auf den Tisch, mit denen in großem Stil tarifliche Standards verschlechtert werden sollen.
„Blockadehaltungen bei den Themen Entgelt, Ausbildung und Beschäftigungssicherung werden uns nicht weiter bringen“, kommentiert die 1. Bevollmächtigte und Verhandlungskommissions-Mitglied Clarissa Bader das Arbeitgeberverhalten. Denn was wir gerade jetzt in der Corona-Krise zur Stabilisierung der Wirtschaft brauchen, ist: Nachfrage. Das bestätigen die Wirtschaftsweisen, nach ihrer Ansicht ist es der private Konsum, der aus der Krise herausführen kann. Clarissa Bader: „Das funktioniert über sichere Arbeitsplätze und eine Anhebung der Löhne, wo das möglich ist.“
Die nächste Tarifverhandlung findet am 5. Februar 2021 statt.