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Beteiligung – keine Sprechblase mehr

ZF Witten: Betriebsrat und IG Metall ziehen Zwischenbilanz des Projektes „Arbeit 2020“

Die Corona-Pandemie konnte die Betriebsratsmitglieder und Vertrauensleute im ZF- Getriebewerk in Witten nicht aufhalten. Schon jetzt kann festgestellt werden: „die engagierte Mitarbeit in den beiden Projekten ‚Arbeit 2020‘ und die ‚IG Metall vom Betrieb ausdenken‘, aber auch das ‚Mitnehmen der Beschäftigten‘ hat Erfolge gebracht“, berichtet Gewerkschaftssekretär Lars Beez. „Zielbilder“ für den Standort wurden ausgearbeitet, die Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat, Vertrauensleuten und der Jugend- und Auszubildendenvertretung wurde verbessert und nicht zuletzt wurden neue Multiplikator*innen für die gewerkschaftliche Arbeit im Betrieb gewonnen und gefördert. „Beteiligungsorientierung ist jetzt im Werk an der Mannesmannstraße keine Sprechblase mehr.“  

Es war im Herbst 2019 als die Zulieferer die Absatzkrise der Automobilproduzenten mit voller Wucht spürten. Später kamen die Auswirkungen der Umstellung vom Verbrennermotor auf die E-Mobilität hinzu. Auf die Umsatzeinbrüche und den Strukturwandel reagierten die Zulieferer mit Sparplänen, Werksschließungen, Verlagerung der Produktion in osteuropäische Billiglohnländer und Schließung von ganzen Standorten wie bei Schaeffler in Wuppertal. Auch der ZF-Konzern in Friedrichshafen verkündete ein bundesweites Arbeitsplatz-Abbauprogramm von 7500 Stellen und weltweit ca. 15000. Auch das Werk in Witten war betroffen, obwohl hier vorrangig Produkte für Erneuerbare Energien (Windkraft) hergestellt werden. Mit dem Abschluss eines Transformationstarifvertrags gelang es der IG Metall Baden-Württemberg mit einem Maßnahmenbündel das Arbeitsplatz-Abbauprogramm zu stoppen. Die Realisierung des Abbaus erfolgt durch sogenannte „Freiwilligenprogramme“. So verließen beispielsweise in Witten ca. 130 von den rund 800 Beschäftigten über dieses Programm mittlerweile den Betrieb.

„Tarifvertrag Transformation“ – ein Baustein zur Beschäftigungssicherung

In dem konzernweiten „Tarifvertrag Transformation“ ist ein zentraler Baustein die Entwicklung von „Zielbildern“ zur Zukunftsausrichtung 2025 und 2030“ an den jeweiligen ZF-Standorten: Beschäftigung, zukünftige Produkte, Investitionen, Qualifizierung sollen Vorrang haben. Die IG Metaller*innen in Witten erkannten schnell, dass die Umsetzung dieses Tarifvertrages vor Ort zur Standortsicherung beitragen kann. „Wir krempelten die Ärmel hoch, machten uns an die Arbeit“, so Lars Beez. Zunächst galt es die Betriebsratsmitglieder und Vertrauensleute „ins Boot zu holen“, ihnen klarzumachen, wie wichtig die Beteiligung der Belegschaft an diesem Prozess ist. Schließlich verständigten sich der Betriebsrat und die Gewerkschaft geneinsam mit der Geschäftsführung darauf, zur Unterstützung dieses Prozesses die Ressourcen des staatlich geförderten Projekts „Arbeit 2020+“ (1) zu nutzen.

In Kombination mit dem gewerkschaftlichen Projekt „Die IG Metall vom Betrieb ausdenken“, mit dem u. a. die Arbeit der Vertrauensleute weiterentwickelt, die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat verbessert und die Einbeziehung der Beschäftigten gesichert werden soll, gelang es nach einem etwas „holperigen“ Start die „Weichen“ für eine zielgerichtete Vorgehensweise zu stellen. Von Anfang an ging es darum, den Prozess so transparent wie möglich ist zu gestalten: Keine leichte Aufgabe, während das Covid-19-Virus grassierte, da waren zum einen die Kontaktbeschränkungen (keine Betriebsversammlungen, Rundgänge nur schwer durchführbar) und zum anderen die Arbeit von Teilen der Belegschaft im Homeoffice. Hinzu kam noch das Erschwernis durch den Wechsel des Geschäftsführers.

Foto IGM-EN-R-W: Lars Beez erläutert den Ablauf des Projektes

Ohne Einbeziehung der Beschäftigten geht es nicht

In mehreren Workshops mit rund 70 Teilnehmer*innen aus den unterschiedlichen Produktions- und Angestelltenbereichen wurden mit Unterstützung der Unternehmensberatung „Sustain Consult“ die Fragen diskutiert: Wo soll es hingehen? Welche Stärken und Schwächen finden wir vor? Wie kann der Prozess „New Factory“ gestaltet werden? Die Prozesse entlang der „fünf Wertströme“ im Betrieb, das Thema Digitalisierung, aber auch die Unternehmenskultur kamen auf den Prüfstand. Durch die Verteilung von Flyern, die Aufnahme eines Podcast und die Befragung der Beschäftigten – immerhin haben 365 von 665 Beschäftigten ihren Fragebogen ausgefüllt zurückgegeben, gelang es „mit dem Großteil der Beschäftigten in die Diskussion zu kommen, umso ihre Perspektive bei der Zielbildfindung einbringen zu können“, sagt die Vertrauensfrau und Multiplikatorin Simone Ribberger. In Abteilungsversammlungen konnten zwischenzeitlich rund 300 bis 400 Kolleginnen und Kollegen über Workshop- und Befragungsergebnisse informiert werden.

Die Inhalte des erarbeiteten „Zielbilder“ zu den Themenschwerpunkten wie „Kultur im Werk“, „Qualität der Produkte“, „Formen der Digitalisierung“ und „Zukunftssicherung des Standortes“ werden demnächst Grundlage für Gespräche des Betriebsrates und der IG Metall mit der Geschäftsführung. „Unser Ziel ist es die für die Beschäftigten und den Standort wesentlichen Ergebnisse in einer Betriebsvereinbarung festzuhalten und zu vereinbaren“, betont der betreuende Gewerkschaftssekretär der IG Metall Ennepe-Ruhr-Wupper. Die „Transformation“ , der Strukturwandel könne nur gelingen, wenn alle Möglichkeiten der Beschäftigungssicherung genutzt und durch Qualifizierung der Beschäftigten sowie Investitionen und Weiterentwicklung der Produkte der Weg in eine nachhaltige Zukunft für den ZF-Standort Witten bereitet werde,

Das mit den Projekten verbundene Ziel „Mitgliedergewinnung“ mit dem Schwerpunkt „Werbung im Angestelltenbereich“ konnte durch die eingeschränkte Möglichkeit persönliche Gespräch zu führen u.a, durch die Arbeit im Home-Office nicht so wie geplant  umgesetzt werden. Das soll nun mit Unterstützung des Gemeinsamen Erschließungsprojektes ((GEP) der IG Metall NRW verstärkt angegangen werden.

Anmerkung
Das Projekt „Arbeit 2020“ wird im Bereich der IG Metall Geschäftsstelle Ennepe-Ruhr-Wupper auch in der Ruhrpumpen GmbH in Witten und in Wuppertal bei der Profilator GmbH, Stahlwille und Picard durchgeführt.

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