Betriebsräte im Arbeitsschutz gestärkt

Gevelsberg. Ein Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat die Rechte der Betriebsräte im Arbeitsschutz gestärkt. Die Richter stellten fest: Auch ohne Vorliegen einer konkreten Gesundheitsgefahr greife die Mitbestimmung. Es reiche eine Gefährdung. Das neue Urteil verwirft die bisherige problematische Auffassung des BAG, die Mitbestimmung im Gesundheitsschutz sei eingeschränkt und verlange eine konkrete, im Betrieb nachweisbare Gesundheitsgefahr.
Für Betriebsratsmitglieder die im Arbeits- und Gesundheitsschutz tätig sind, heißt das: Sie brauchen zukünftig nicht mehr eine konkrete Gesundheitsgefahr im Betrieb nachweisen, um tätig zu werden, um aktiv zu werden reichen bloße Gefährdungen aus. Dies ist deshalb so wichtig, weil viele Belastungen im Arbeitsleben erst langfristig zu echten Gesundheitsproblemen führen können. Gerade deshalb ist es notwendig, schon den ersten Signalen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung entgegen zu wirken.
Warum reicht eine Gesundheitsgefährdung für die Mitbestimmung?
Bei Maßnahmen, die der Arbeitgeber aufgrund weit gefasster Rahmenvorschriften im Gesundheitsschutz ergreift, hat der Betriebsrat mitzubestimmen. Die ist der Kern der Mitbestimmungsregelung des § 87 Abs. 1 Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG.) Die Richter am BAG stellten nun explizit klar, dass es für die Mitbestimmung des Betriebsrats im Gesundheitsschutz nicht mehr einer konkreten, im Betrieb feststellbaren Gesundheitsgefahr bedarf. Vielmehr reiche eine Gefährdung der Gesundheit aus, die entweder feststehe oder durch eine Gefährdungsbeurteilung ermittelt werde.
Eine Gesundheitsgefahr liegt nach der Definition des BAG vor, wenn es hinreichend wahrscheinlich ist, dass die Gesundheit, körperliche Unversehrtheit oder das Leben der Beschäftigten einen Schaden nimmt. Umso größer der Schaden, desto geringer muss die Eintrittswahrscheinlichkeit sein. Eine Gefährdung liege, so die Richter, bereits vor, wenn ein Gesundheitsschaden als möglich erscheint.
Warum hält das BAG aber eine Gefährdung für unerlässlich?
Angemessene und geeignete Schutzmaßnahmen lassen sich nach Meinung des Gerichts erst ergreifen und auf ihre Wirksamkeit überprüfen, wenn das Gefährdungspotential der Arbeit für die Beschäftigten bekannt ist. Die Grundpflicht des § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG konturiere sich anhand einer konkreten Gefährdung.
Rechtssystematisch besteht ein Zusammenhang mit der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG, der sich einerseits aus der Verwendung des dem Begriff der »Maßnahmen des Arbeitsschutzes« beigefügten Attributs »erforderliche« in § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG ergibt, und andererseits aus § 5 Abs. 1 ArbSchG. Danach ist das Ziel der Gefährdungsbeurteilung die Ermittlung, »welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind«.
Wird es für Betriebsräte im Gesundheitsschutz nun leichter?
Auf der Basis der bisherigen BAG-Entscheidung vom 11.10.2012 weigerten sich Arbeitgeber oftmals, Betriebsräte bei den Maßnahmen des Gesundheitsschutzes zu beteiligen mit der Begründung, es fehle eine konkrete Gesundheitsgefahr im Betrieb. Dies selbst dann, wenn eine Gefährdungsbeurteilung vorlag. Betriebsratsmitglieder konnten oftmals nicht ausreichend begründen, worin die objektive Gesundheitsgefahr für die Beschäftigten lag.
Mit der neuen Entscheidung reicht für die Mitbestimmung eine Gefährdungslage aus. Eine solche liegt dann vor, wenn die Gefährdung feststeht oder eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt worden ist. Sobald eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt worden ist, kann der Betriebsrat in jedem Fall über die genaue Ausgestaltung und die konkreten dort festgestellten Abhilfemaßnahmen mitbestimmen.
Folgende Reihenfolge gilt nun:
Der Arbeitgeber ergreift die notwendigen Maßnahmen des Gesundheitsschutzes. Dazu wird er eine Gefährdungsbeurteilung durchführen, an der der Betriebsrat beteiligt wird. Bei der Auswahl und Ausgestaltung der Maßnahmen, die aufgrund der festgestellten Gefährdungen ergriffen werden müssen, muss der Betriebsrat ebenfalls mitbestimmen. (Unter Verwendung eines Textes des Bund-Verlags.)
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