
Für Tausende von Rentner*innen und damit auch für viele IG Metall-Mitglieder war es ein finanzieller Schock: Sie mussten den vollen Krankenkassenbeitrag auf ihre Betriebsrenten – also Arbeitgeber- plus Arbeitnehmeranteil – abführen. Nun ist Entlastung in Sicht. Die Krankenkassenbeiträge sollen ab 2020 deutlich sinken, besonders für niedrigere Betriebsrenten. „Seit Jahren haben wir gegen die Ignoranz der Politik bei der Verbeitragung von Betriebsrenten angekämpft. Gut, dass endlich eine spürbare Entlastung angekündigt wurde. Sie bleibt jedoch hinter den berechtigten Erwartungen der Betroffen zurück,“ so die IG Metall-Bevollmächtigte Clarissa Bader.
Nach einem Grundsatzbeschluss der Regierungskoalition will Gesundheitsminister Jens Spahn die Änderung rasch umsetzen. Der CDU-Politiker plant für Betriebsrenten einen Freibetrag von 159 Euro, der in den folgenden Jahren ansteigt. Bis zur Höhe des Freibetrags soll kein Krankenkassenbeitrag gezahlt werden müssen. Erst bei jedem Euro, der diesen Freibetrag übersteigt, ist der volle Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag fällig. Da laut Bundessozialministerium 60 Prozent der Betriebsrenten unter 318 Euro im Monat liegen, würden diese Kolleginnen und Kollegen künftig – bezogen auf ihre gesamte Betriebsrente – maximal den halben Kassenbeitrag zahlen.
Höhere Betriebsrenten würden zumindest teilweise entlastet. Nur bei wenigen, sehr hohen Betriebsrenten wäre die Entlastung geringer als ein Drittel des Beitrags, verglichen mit der aktuellen Regelung.
Vorschlag beendet die „Doppelverbeitragung“ nicht komplett
Bislang ist der künftige Freibetrag lediglich eine Freigrenze. Das bedeutet: Betriebsrentner*innen müssen derzeit auf ihre gesamte Betriebsrente den vollen Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung zahlen, sobald die Freigrenze überschritten wird. Der Beitrag liegt aktuell bei 14,6 Prozent. Hinzu kommt der Zusatzbeitrag, der im Schnitt bei 0,9 Prozent liegt. Weil der volle Beitrag das Doppelte des Arbeitnehmeranteils ist, wird die Regelung als „Doppelverbeitragung“ diskutiert. Der Spahn-Vorschlag beendet die „Doppelverbeitragung“ jedoch nicht komplett, aber er mildert sie ab.
Problematisch bleibt die Belastung höherer Betriebsrenten. Sie wirkt wie eine Strafzahlung für Beschäftigte aus Unternehmen mit guter betrieblicher Altersvorsorge und konterkariert die Bemühungen der IGM-Betriebsräte, die mit großem Engagement für gute betriebliche Regelungen kämpfen.
Metaller*innen profitieren davon
Zahlreiche Metaller*innen werden davon profitieren, da in den Branchen der IG Metall Betriebsrenten relativ stark verbreitet sind. Viele IG Metall-Mitglieder haben in den vergangenen Jahren öffentlich gegen die Regelung protestiert. Die Gewerkschaften klagten für betroffene Mitglieder gegen das Gesetz und zogen bis vors Bundesverfassungsgericht. Doch die Richter erklärten die Regelung für zulässig. Auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall 2019 beschlossen die Delegierten erneut, dass die vollen Beiträge abgeschafft werden müssen.
Foto: Symbolbild – „IG Metall Senioren diskutieren Rentenfragen“ – IGM GH