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„Corona“ darf beim Start ins Berufsleben nicht wie Blei am Bein hängen

Offiziell beginnt das neue Ausbildungsjahr am 1. August. Doch das Jahr 2020 – das Jahr der Corona-Pandemie wird anders: Der Start für einen Teil der neuen Auszubildenden wird sich möglicherweise bis Dezember nach hinten verschieben. Viele Unternehmen würden aufgrund der Corona-Krise zögern, neue Azubis einzustellen, so der Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), Friedrich Hubert Esser. Das BIBB fürchtet, dass das Ausbildungsplatzangebot um bis zu 50.000 Plätze sinken könnte.

Laut Bundesagentur für Arbeit (BA) waren im Juni 479.000 betriebliche Ausbildungsstellen gemeldet – 47.000 weniger als vor einem Jahr. Vor allem im Gastronomie- und Hotelgewerbe sowie im Friseurhandwerk ist das Angebot wesentlich geringer, aber auch in den Metall- und Elektroberufen, in kaufmännischen Berufen sowie im Bereich Informatik. Der BA-Vorstandschef Detlef Scheele bezeichnete das aktuelle Ausbildungsjahr gegenüber dpa als „Würgejahr“. Laut einer Umfrage des DIHK lag die Zahl der bereits unterschriebenen neuen Verträge zuletzt 20 Prozent unterm Vorjahr.

IG Metall-Umfrage: Unternehmen sparen an Ausbildung

Die 2. Vorsitzende der IG Metall, Christiane Benner, warnte vor einer verlorenen Nachwuchs-Generation durch die Corona-Pandemie. Aus der jüngsten Umfrage der IG Metall in fast 500 Betrieben gehe hervor, dass aktuell deutlich mehr Unternehmen an der Ausbildung sparen wollen. Jeder zehnte Betrieb (11%) will weniger ausbilden. Noch im Mai lag diese Zahl bei 7,3%, die Auswirkungen der Corona-Krise werden zunehmend deutlich. Bei den dual Studierenden ist die Zahl der geplanten Reduzierungen zwar geringer (6,1%), doch auch hier ist eine Steigerung zu beobachten, noch im Mai lag die Zahl bei ca. 5%.

„Ähnliche Tendenzen sind auch in der Region Ennepe-Ruhr-Wupper festzustellen“, sagt die für die Jugendarbeit zuständige Gewerkschaftssekretärin Nadine Schröer-Krug. So hätten einige Betriebe die Zahl der Ausbildungsplätze reduziert und wiederum andere die Ausbildung mit Verweis auf die Corona-Krise eingestellt. Allerdings gebe es auch Betriebe, die darüber klagten, dass sich bei ihnen keine Bewerber*innen gemeldet hätten. Diese Betriebe führen dies darauf zurück, dass die Schulabgänger*innen verunsichert sind und abwarten.

„Die Schüler*innen konnten sich nicht in dem Maße wie in den Vorjahren über offene Lehrstellen informieren“, schätzt die Gewerkschafterin ein.  In den Schulen hatten Corona bedingt kaum Berufsorientierung stattgefunden und Ausbildungsmessen sowie Schnupperpraktika seien weggefallen. Die IG Metall in der Region Ennepe-Ruhr-Wupper fordert deshalb alle noch „unversorgten“ Schüler*innen auf, sich weiter zu bewerben und möglicherweise später im Jahr die Ausbildung zu beginnen.

Die Unternehmen fordert die Gewerkschaft auf, ihre Verantwortung auch in der Krise wahrnehmen und weiter ausbilden. „Für die berufliche Zukunft junger Menschen muss jetzt noch mehr getan werden, um dramatische Langzeitfolgen wie eine hohe

Jugendarbeitslosigkeit zu vermeiden“, betonte Christian Benner. Die Reduzierung von Ausbildungsplätzen habe auch fatale soziale Auswirkung, denn sie treffe häufig vor allem Hauptschul- und Realschulabgänger*innen. Damit werden soziale Ungleichheiten verstärkt. Es müsse deshalb alles getan werden, um eine ‚Generation Corona‘ unter den Auszubildenden und dual Studierenden zu verhindern.

„Schutzschirm für Ausbildung“ – Ausbildungsprämien

Die guten Ausbildungsstrukturen dürfen in der Krise nicht kaputtgehen, appelliert Benner an die Unternehmen. Die Zweite IG Metall-Vorsitzende erwartet größere Anstrengungen von den Arbeitgebern und der Politik: „Das Ende Juni beschlossene Bundesprogramm „Ausbildungsplätze fördern“ ist sinnvoll, darf aber nicht auf kleine und mittlere Betriebe beschränkt bleiben.“ Die Bundesregierung hat einen „Schutzschirm für Ausbildung“ beschlossen. Kernpunkt: Unternehmen, die trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten durch die Corona-Pandemie die Zahl ihrer Ausbildungsplätze halten oder sogar erhöhen, sollen mit Prämien belohnt werden.

Das Hilfsprogramm soll Betrieb mit bis zu 249 Beschäftigten unterstützen. Voraussetzung ist, dass sie durch die Corona-Krise große Umsatzeinbrüche hatten oder Kurzarbeit für ihre Beschäftigten anmelden mussten. Firmen, die trotz dieser Schwierigkeiten in gleichem Umfang ausbilden wie in den vergangenen drei Jahren, bekommen 2000 Euro für jeden 2020 und 2021 abgeschlossenen Ausbildungsvertrag. Unternehmen, die sogar mehr Ausbildungsplätze schaffen als sie bisher hatten, erhalten für jeden zusätzlichen Azubi 3000 Euro. Die gleiche Summe sollen Unternehmen beantragen können, die Auszubildende von Firmen übernehmen, die Insolvenz anmelden mussten. Gefördert werden sollen auch Betriebe, die Azubis von Firmen übernehmen, die pandemiebedingt die Ausbildung nicht fortsetzen können.

Corona darf beim Start ins Berufsleben nicht wie Blei am Bein hängen

Der IG Metall bereite aber auch die Übernahme der vor ihrem Abschluss stehenden Azubis und der dual Studierenden Sorge. „Corona darf nicht wie Blei am Bein hängen, wenn es um den Start ins Berufsleben geht“, betont Nadine Schröer-Krug. Schließlich gehe es um die Zukunftschancen der jungen Generation. Zukunft sichern heiße, sich um die Fachkräfte der Zukunft zu kümmern und sie in der jetzigen Situation nicht hängen zu lassen. Angesichts des technologischen Wandels, der immer mehr spezialisierte Fachkräfte erfordert, eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, der sich die Unternehmer mit Verweis auf Corona nicht entziehen dürfen.

 

 

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