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Darf der Chef Beschäftigte anschreien?

Wo Menschen zusammen arbeiten, gibt es Meinungsverschiedenheiten, wird es manchmal etwas lauter. Doch was ist, wenn Vorgesetzte laut werden und sich im Ton vergreifen. Müssen sich das Beschäftigte gefallen lassen? Was können sie dagegen tun?

„Sie unfähiger Idiot!“, „Du Trottel“: Solche und ähnliche Beschimpfungen muss sich niemand gefallen lassen, auch nicht von seinem Chef. Auch im Betrieb müssen sich die Menschen an Recht und Gesetz halten – und persönliche Beleidigungen sind gemäß § 185 Strafgesetzbuch ein Straftatbestand.

Arbeitgeber haben gegenüber den Arbeitnehmer*innen eine besondere Fürsorgepflicht. Das heißt: Er muss die Beschäftigten nach Recht und Gesetz behandeln, auf ihre berechtigten Interessen Rücksicht nehmen und sie vor Gesundheitsgefahren am Arbeitsplatz schützen. Das gilt auch für psychische Belastungen, die beispielsweise durch Schikanen entstehen können. Wenn sich Vorgesetzte schikanös verhalten, ist der Arbeitgeber dafür grundsätzlich verantwortlich.

Die besondere Fürsorgepflicht schlägt sich auch in den Pflichten des Arbeitgebers nach dem Betriebsverfassungsgesetz nieder. Der Arbeitgeber hat, genauso wie der Betriebsrat darüber zu wachen, „dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden“ (§ 75 BetrVG). Tut er das nicht, können sich Betroffene beim Betriebsrat beschweren. So heißt es in § 84 BetrVG: „Jeder Arbeitnehmer hat das Recht, sich bei den zuständigen Stellen des Betriebs zu beschweren, wenn er sich vom Arbeitgeber oder von Arbeitnehmern des Betriebs benachteiligt oder ungerecht behandelt oder in sonstiger Weise beeinträchtigt fühlt.“

Schikanen müssen bewiesen werden

Je nach Grad der Anfeindungen oder Beleidigungen und ihrer Auswirkungen können Betroffene auch Strafanzeige erstatten. Grundsätzlich können sie auch auf Schadenersatz klagen und / oder Schmerzensgeld geltend machen. Das setzt jedoch voraus, dass der (finanzielle) Schaden oder die Schmerzen bewiesen werden können. Deshalb sollten sich Betroffene, die in der IG Metall organisiert sind, von einem Gewerkschaftssekretär in der Geschäftsstelle rechtlich beraten lassen. Denn: Die Behauptung des Vorgesetzten, er hätte lediglich – in einem etwas rauen Ton – Arbeitsanweisungen erteilt, muss der oder die Beschäftigte widerlegen.

Wenn aus einem Ausrutscher Mobbing wird

Dennoch: Kein/e Beschäftigte/r muss sich von seinem Vorgesetzten oder seinem Arbeitgeber zur Schnecke machen oder als „Idiot“ beschimpfen lassen. Das gilt allerdings auch umgekehrt: Wer in so einem Fall zurückschreit und den Chef beleidigt, riskiert seinen Job. Also: Sachlich bleiben, die Gesprächssituation protokollieren, Zeugen benennen. Und dann mit diesen Informationen zum Betriebsrat gehen und eine Klärung anstreben.

Wenn es nicht bei einem einmaligen Ausrutscher bleibt, das heißt der Chef ständig laut wird und schikaniert, kann dies rechtlich als Mobbing eingestuft werden. Auch hier gilt: Alles genau festhalten und Unterstützung suchen. Der oder die Betroffene muss die Vorfälle beweisen können. Leider ist der Begriff Mobbing nicht im Gesetz definiert, im deutschen Arbeitsrecht gibt es keine ausdrückliche Regelung dazu. Das macht es für Betroffene oft schwer, zu ihrem Recht zu kommen. Trotzdem sollten sie sich auf jeden Fall wehren und sich dabei vom Betriebsrat oder der IG Metall unterstützen lassen. (Unter Verwendung eines Textes der Website des DGB)

Foto: Thomas Range

 

 

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