AktuellesArtikelBetriebliches

Das bittere Ende

Gevelsberg. Die Beschäftigten von Jeco kamen zur letzten Betriebsversammlung zusammen. Der spanische Anteilseigner CIE Mahindra Forgings Europe in Bilbao hatte endgültig über den Standort Gevelsberg den Daumen gesenkt. CEO Javier Curras blieb trotz aller Aktivitäten der Schmiedewerker bei der Entscheidung: La Fábrica será cerrada – die Fabrik (Gesenkschmiede) wird geschlossen. Basta! Die Jeco’ aner mussten die bittere Erfahrung machen: Die Befriedigung der Gier anonymer Aktionäre ist wichtiger als die Existenz von hart arbeitenden Menschen und ihren Familien.

„Dennoch war es wichtig, dass ihr nach dem „Schwarzen Freitag“ im Februar den Kampf um eure Arbeitsplätze aufgenommen habt“, rief die IG Metall-Bevollmächtigte Clarissa Bader den Versammelten in der Aula Realschule Alte Geer zu. Zweifellos hätten alle Beteiligte in den folgenden sechs Monaten eine „emotionale Berg- und Talfahrt“ erlebt: Da war die Solidarität aus anderen Betrieben, die Unterstützung des Gevelsberger Stadtrates mit Bürgermeister Claus Jacobi an der Spitze und schließlich die Ausarbeitung der „plausiblen Alternativen“ des Betriebsrates mit Hilfe der PCG (Essen) zur „phantasielosen Arbeitsplatzvernichtung“ des Geschäftsführers Burkhard Rausch. Starker Beifall brandete auf, als Clarissa Bader sagte: „Dafür möchte ich euch, eurem Betriebsrat und Michael Jaenecke als eurem Vorsitzenden herzlich danken.“

Zuvor hatte die Gewerkschafterin, die gemeinsam mit Gewerkschaftssekretär Sven Berg und Rechtsanwalt Lutz Ellinghaus, die wochenlangen Auseinandersetzungen aktiv begleitete, über die Ergebnisse der „harten Verhandlungen“ mit der Geschäftsführung über einen „Interessenausgleich- und Sozialplan“ berichtet. Alle Gekündigten, die nicht ein Arbeitsplatzangebot an anderen Standorten in der Gruppe annehmen, erhalten eine Abfindung.

Die Lebensjüngeren bekommen 0,8 Bruttomonatsgehälter mal Beschäftigungsjahre als Abfindung, hinzukommen Einmalzahlungen in Höhe von 3.000 Euro je unterhaltsberechtigtem Kind bzw. für schwerbehinderte KollegInnen. Für Beschäftigte, die das 60.Lebensjahr vollendet haben, wurde eine Regelung zur finanziellen Absicherung bis zum Erreichen des vorzeitigen Altersrentenbezug vereinbart, einschließlich eines Ausgleichsbetrages für finanzielle Einbußen beim vorzeitigen Renteneintritt.

Darüber hinaus wurde vereinbart, dass allen Betroffenen der freiwillige Übergang in eine „Transfergesellschaft“ (TG) mit 12-monatiger Laufzeit angeboten wird. Während des Aufenthaltes in dieser Einrichtung wird das Transfer-Kurzarbeitergeld, gezahlt durch das Arbeitsamt (60% für Ledige / 67% für Verheiratete), durch den Arbeitgeber um 20 Prozent aufgestockt. Für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens aus der TG wegen Arbeitsaufnahme wurde die Auszahlung einer „Mobilitätsprämie“ festgelegt. Noch während der Versammlung erläuterten Vertreter des Arbeitsamtes und der PEAG Fragen zum Kurzarbeitergeld und zur Arbeit der Transfergesellschaft.

Die gemeinsame Einschätzung des Betriebsratsvorsitzenden und der IG Metall-Bevollmächtigten: „Wir haben das Beste rausgeholt, was möglich war, doch das alles ersetzt keinen Arbeitsplatz“, quittierten die Versammlungsteilnehmer/innen mit anerkennendem Applaus. Es war der Moment als in der Aula die Emotionen hochkochten. Allen Beteiligten wurde schmerzhaft bewusst: Das ist das bittere Ende.

Die 1885 von Julius Jellinghaus gegründete Gesenkschmiede im westfälischen Gevelsberg, zu deren ersten Produkten Öllampen aus Messingblech gehörten, und die sich durch das Wissen und Können von mehreren Generationen arbeitender Menschen zu einem modernen Schmiede- und Hightech Unternehmen entwickelte – spezialisiert auf die Entwicklung und Herstellung von qualitativ hochwertigen Gesenkschmiedeteilen für die Automobilindustrie, wird aufgrund der „Politik der verbrannten Erde“ des spanisch-indischen Konzerne im 131. Firmenjahr Teil der Industriegeschichte der Stadt an der Ennepe werden.

Foto: Die Jeco’ aner haben alles versucht – Foto: IGM GH-Archiv

Weitere Artikel

Back to top button
Close