„Dem Arbeitergeber sozialverträgliche Lösungen abgerungen“

Hattingen. Auf dem Windindustriemarkt, im letzten Jahrzehnt rasant wachsend, hat inzwischen ein massiver Verdrängungswettbewerb eingesetzt. Die Folgen treffen nun auch die Firma Stüwe GmbH & Co.KG. Durch das Wegbrechen von Aufträgen wurde der Betriebsrat des Maschinenbauers im Hattinger Ludwigstal Anfang des Jahres mit dem Abbau von Arbeitsplätzen konfrontiert: Bis zu 25 von 114 Beschäftigten verlieren ihren Arbeitsplatz. „Zwischenzeitlich konnten wir einen Interessenausgleich und Sozialplan abschließen“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Claus Möller.
Stüwe ist spezialisiert auf die Produktion von Welle-Nabe-Verbindungen für Windkraftanlagen. Die negative Entwicklung bei den Auftragseingängen habe im Sommer 2017 eingesetzt, als eine Produktserie für den Großkunden „Siemens Wind Power“ ausgelaufen sei und Folgeaufträge ausblieben. Zur Überbrückung wurde u.a. auf Drängen des Betriebsrates ab Oktober zunächst Kurzarbeit gefahren. „Wir hofften“, so Claus Möller, die „Auftragsdelle“ überbrücken zu können.
Dann sei im November jedoch die nächste Hiobsbotschaft gekommen: Der weitere Großkunde „Vestas Wind Systems“ teilte mit, dass er ab 2018 keine Schrumpfscheiben aus Hattingen mehr beziehen werde. Der Zuschlag sei an zwei Wettbewerber gegangen, die den Preis für das Produkt erheblich unterboten haben.
Abbau-Maßnahmen der Geschäftsführung
Bei den im Dezember 2017 beginnenden Gesprächen konfrontierte die Geschäftsführung den Betriebsrat mit ihren Abbauplänen – die im Kern folgende Maßnahmen umfassten: Stilllegung der Lackiererei und outsourcen der Arbeiten sowie weiterer Personalabbau in der Großteilfertigung und der Montage. Ein für die betriebliche Interessenvertretung „schwerverdauliches Konzept“, so der Tenor in einer Klausur des Betriebsrates, da es insbesondere un- und angelernte Beschäftigte trifft.
„Unsere alternativen Vorschläge kamen leider in den Verhandlungen über den Interessenausgleich nicht zum Zuge“, betont Claus Möller. „Wir werden allerdings darauf drängen, dass neben den Windkraftprodukten künftig verstärkt auch auf andere Industriebereiche gesetzt wird, um die Abhängigkeit von dem umkämpften Markt zu verringern“.

Sozialplan abgeschlossen – Transfergesellschaft eingerichtet
„Die zum 28.Februar gekündigten Arbeitnehmer*innen erhielten neben einer materiellen Abfindung, das Angebot ab 1. März 2018 in die Transfer- und Qualifizierungsgesellschaft Weitblick zu wechseln“, erklärt der Betriebsratsvorsitzende und fügt hinzu: „Fast 90 Prozent der Betroffenen hat das Angebot angenommen.“
Die im Sozialplan vereinbarte Abfindungsregelung beträgt „0,5 eines Brutto-Monatsentgelts mal Betriebszugehörigkeit, hinzu kommen zusätzliche Beträge für Kinder (1.000 Euro brutto pro Kind) und für schwerbehinderte Beschäftigte (1.000 Euro brutto) sowie eine Prämie für den Wechsel (350 Euro) in die Transfergesellschaft. In der Transfergesellschaft erhalten die Betroffenen eine Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes auf 80 Prozent des bisherigen Nettoentgelts.
Die Verweildauer ist mindestens vier und höchstens zwölf Monate. Bei vorzeitigem Ausscheiden aus der Transfergesellschaft erhalten die Betroffenen eine zusätzliche „Sprinterprämie“. Claus Möller: „Wichtig war für uns die Einrichtung eines Qualifizierungstopfs, in das das Unternehmen ca. 2.500 Euro pro Beschäftigten einzahlt, um maßgeschneiderte Qualifizierungsmaßnahmen durchführen zu können.“
Für den Betriebsratsvorsitzenden steht fest: Auch wenn es mit Unterstützung der IG Metall in den Verhandlungen gelungen sei, der Arbeitgeberseite sozialverträgliche Lösungen abzuringen, seien es schwere Wochen gewesen. „Schließlich kennst du jeden Einzelnen der Betroffenen und seine familiäre Situation, das führt zu manch schlafloser Nacht. Denn du kannst ja beim Verlassen des Betriebs die Probleme nicht in den Spind hängen.“
Foto: Betriebsratsvorsitzender Claus Möller (l) mit dem Kollegen Werner Rolaff(r) – Foto: IGM GH