
Auf der Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag der „Reichsprogrammnacht“ rief der ehemalige IG Metall-Bevollmächtigte Otto König dazu auf, die Stimme zu erheben gegen alle Versuche der Rechten, die Geschichte umzuschreiben. Geschichte müsse im kollektiven Gedächtnis bewahrt und immer wieder aktualisiert werden. Zuvor hatten Thomas Birg für die Veranstalter IG Metall und die VVN-BdA sowie der Gevelsberger Bürgermeister Claus Jacobi die Teilnehmer*innen am „Gedenkstein für die Opfer des Faschismus“ (Waldfriedhof) begrüßt. Die Veranstaltung war Teil der 11. Gevelsberger Aktionswoche „Für Zivilcourage gegen rechte Gewalt“.
Claus Jacobi warnte vor einem Widererstarken von Antisemitismus. Rassismus und Nationalismus dürfe kein Raum gegeben werden. „Denn erst sind es Worte, dann folgen die Taten“, sagte der Bürgermeister und forderte dazu auf, klar „auf der anderen Seite“ zu stehen und für Toleranz, Respekt und Mitgefühl einzutreten. Thomas Birg erinnerte daran, dass am 11. November nicht nur die Reichspogromnacht stattgefunden habe, sondern vor hundert Jahren Matrosen und Arbeiter den 1. Weltkrieg beendet und den Kaiser davongejagt hätten. „An die Stelle des Kaiserreichs trat die Republik. Es war die Geburtsstunde der Demokratie,“ betonte der IG Metaller und VVN’ler Birg.
Foto: Otto König, Claus Jacobi und Thomas Birg (v.l.n.r.)
100 Jahre November Revolution – 80 Jahre Reichspogromnacht
In seinen Ausführungen zeichnete Otto König schlaglichtartig den Weg von der November-Revolution 1918 bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten nach. Er berichtete von den Hoffnungen der Arbeiterschaft nach der Revolution und die wütenden Reaktionen der Konservativen und Reaktionäre, die in den Putsch der Militaristen Kapp und Lüttwitz 1920 mündeten. König erinnerte daran, dass auf dem Waldfriedhof „Märzgefallene des Kapp-Putsches von 1920“ bestattet sind. Das rechtsbürgerliche Lager habe seinen Einfluss in der Weimarer Republik wieder ausgebaut und 1933 die Nationalsozialisten an die Macht gebracht.
„Als – vor 80 Jahren- im November 1938 im ganzen deutschen Reich die Synagogen brannten, war dies der Beginn des „Holocaust“, er war Teil eines umfassenden Herrschafts-, Versklavungs- und Vernichtungsprojektes“, erklärte der Referent. Spätestens an diesem Tage habe in Deutschland jeder sehen können, wohin Antisemitismus und Rassismus führen: 1.300 jüdische Mitbürger*innen wurden ermordet, 30.000 ins Konzentrationslager verschleppt, 1.400 Synagogen – auch in der Nachbarstadt Hattingen – sowie tausende Wohnungen, Geschäfte und jüdische Friedhöfe zerstört.
Foto: Teilnehmer*innen an der Gedenkveranstaltung der IG Metall und VVN BdA
Klare Kante gegen rechts
80 Jahre später, im August 2018, habe die pogromartige Menschenjagd der Rechtsradikalen in Chemnitz gezeigt, wohin es führe, wenn der Rechtsextremismus von den politischen Verantwortlichen verharmlost werde. „Wir müssen als Demokraten und Gewerkschaften unsere Stimme erheben und für Menschenrechte, Toleranz und Solidarität eintreten,“ rief Otto König den Versammelten zu. In der Auseinandersetzung mit den Rechten sei es notwendig, „klare Kante“ zu zeigen.
König: „Wir brauchen endlich wieder eine Politik, die konsequent Partei für die arbeitenden Menschen ergreift, die das Thema ‚soziale Gerechtigkeit‘ wieder in den Mittelpunkt stellt.“ Um den rechten Sumpf trocken zu legen, bedürfe es einer Abkehr von der „Agenda-2010-Politik“ und einer grundlegenden Korrektur der Hartz-IV-Gesetzgebung. Denn gegen soziale Ungerechtigkeit helfe keine Hetze gegen Migranten und Flüchtlinge, brauche es keinen Nationalismus, sondern eine soziale Politik und internationale Solidarität.
Im Gedenken an die „Märzgefallenen des Kapp-Putsches 1920“, der Opfer der Reichspogrom-Nacht“ und der „ermordeten Widerstandskämpfer*innen“, rief der ehemalige IG Metall-Bevollmächtigte abschließend dazu auf, den „Kampf gegen rechts gemeinsam zu führen“ und sich dabei den Schwur der Überlebenden des Konzentrationslagers Buchenwald zu eigen zu machen: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel“.
Fotos: IGM-GH