Wir in den Betrieben

DEW Witten: Die Lage spitzt sich zu – Der Zorn der Stahlarbeiter wächst

dew-tr

Die Stimmung bei den Deutschen Edelstahlwerken (DEW) ist auf äußerste angespannt. Der Zorn der Stahlarbeiter wächst täglich: Die 1700 Beschäftigten im Wittener Werk wollen endlich wissen, wie und wo es künftig lang geht. Zurecht, denn „es ist nicht fünf vor, sondern fünf nach Zwölf“, rief Mathias Hillbrandt den rund 100 IG Metall-Vertrauensleuten der DEW zu, die in der letzten Woche coronabedingt unter freiem Himmel auf dem Hof des Gewerkschaftshauses tagten. Ihre Solidarität brachten an diesem Tag die Wittener Bürgermeisterin Sonja Leidemann und der Bundestagsabgeordnete Ralf Kapschack zum Ausdruck.

Von allen Seiten hagelte es Kritik am Verhalten der Geschäftsführung. „Die haben uns in die Scheiße geritten und tun jetzt nichts“, schimpfte der Betriebsratsvorsitzende Ralf Peine. Die Geschäftsführung agiere „kopflos“, stellte Holger Lorek, Gewerkschaftssekretär und stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats, fest. Im letzten Jahr sei kein Geld verdient, sondern „massiv verbrannt“ worden. Die Finanzspritze in Höhe von 300 Millionen Euro vom Mutterkonzern im Dezember vergangenen Jahres sei für die Tilgung von Schulden verwandt worden, und nicht für Investitionen, um Neues aufzubauen wie beispielsweise der Einsatz der RSH-Produkte für die Wasserstofftechnologie. Mittlerweile schwebe das „Damoklesschwert“ über der DEW: Durch einen „rollierenden Planungsvorgang“ werde zwar im Unternehmen fortlaufend für die nächsten drei Monate eine Finanzplanung erstellt, aus der hervorgehe, dass die Liquidität für diesen Zeitraum gesichert sei, doch „für die Zukunft sei dies für die Arbeitnehmer und ihre Interessenvertretung keine befriedigende Lösung“.

DEW-Geschäftsführung hat „Hausaufgaben nicht gemacht“

Die DEW gehören zur Unternehmensgruppe Gruppe Schmolz und Bickenbach mit Sitz im schweizerischen Luzern.  Das Unternehmen übernahm 2003 die Aktienmehrheit am Stahlproduzenten Swiss Steel AG, 2004 die Edelstahlwerke Südwestfalen und 2005 Edelstahl Witten-Krefeld. Die Unternehmensführung schloss die beiden letztgenannten Werke 2007 zu den DEW zusammen. Die DEW macht wie anderen Stahlwerken vor allem der Auftragsrückgang aus der Automobilindustrie zu schaffen. Der Einbruch bei den Aufträgen hat sich durch die Corona-Pandemie noch verschärft. „Man hat den Eindruck, Corona war ein gefundenes Fressen für die Geschäftsführung“, sagte der Betriebsratsvorsitzende.

Tatsächlich habe bis heute die Geschäftsführung „ihre Hausaufgaben nicht gemacht“, betont Mathias Hillbrandt. Statt ein „tragfähiges Zukunftskonzept“ zu erarbeiten, als Voraussetzung für Gespräche mit dem Wirtschaftsministerium und den Hausbanken über einen landesverbürgten Kredit und für Mittel aus dem Corona-Schutzschirm der Bundesregierung, fordert die Geschäftsführung wieder einmal von den Beschäftigten einen Arbeitnehmerbeitrag, sie sollen auf die Auszahlung ihres Urlaubsgeldes verzichten. Dass die angestrebte Landesbürgschaft von rund 50 Millionen Euro vom Unternehmen noch gar nicht beantragt wurde, berichtete SPD-MdB Ralf Kapschack den Vertrauensleuten. „Da kommt schon der Verdacht auf, dass es andere Strategien gibt.“

IG Metall fordert „tragfähiges, zukunftsfähiges Konzept“

„Das Fahren auf Sicht“, beispielsweise in Bezug auf die miserable Auftragslage, ausgelöst durch die Automobil- und Corona-Krise dürfe so nicht weitergehen, sagte Aufsichtsrats-Vize Lorek. Die Kurzarbeit sei hilfreich, aber löse nicht die aufgelaufenen Problem. „Für den Betriebsrat, die Vertrauensleute und die IG Metall steht fest: Wir brauchen so schnell wie möglich ein tragfähiges, zukunftsfähiges Konzept, um die Standort und Arbeitsplätze der DEW zu sichern“, brachte es der 1. Bevollmächtigte Hillbrandt auf den Punkt. Die Geschäftsführung stehe in der Pflicht, ihre Konzepte für die Zukunft von DEW offenzulegen.

Die bisher fehlende Kommunikation gegenüber den Arbeitnehmervertretern zeuge von einer mangelnden Wertschätzung der Arbeitnehmer. „Wir malochen jeden Tag, wir halten den Laden am Laufen“, kritisierte ein Vertrauensmann, und die kommen noch nicht einmal mit ihrem Konzept um die Ecke. Die Beschäftigten hätten ein Recht darauf, zu erfahren, wie die Strategie des Unternehmens für die Zukunft aussieht und worauf sie sich vorbereiten müssen, so der Tenor in der „Freiluft-Versammlung“. Die Stahlarbeiter sind zu Recht zornig. Mathias Hillbrandt hebt schon einmal warnend den Finger: „Wir haben im Stahl einen Organisationsgrad von 95 Prozent.“ Kampfkraft also.

 

Tags

Weitere Artikel

Back to top button
Close