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Durchblick ist wichtig!

Wer in diesen Wochen in die Berufsausbildung startet, steht an der Schwelle zu einem neuen Lebensabschnitt. Auf die Neuen kommen interessante Aufgaben und vielfältige Herausforderungen zu. Gerade zu Beginn der Ausbildung stellen sich den neuen Azubis viele Fragen. Nadine Schröer-Krug, zuständig für die Jugendarbeit in den Geschäftsstellen Gevelsberg-Hattingen, Witten und Wuppertal, hat für sie die wichtigsten Antworten zusammengestellt.

Welche Unterlagen brauche ich zum Ausbildungsstart?

Das wichtigste Schriftstück ist der Ausbildungsvertrag. Folgende Punkte sollte er mindestens enthalten:
 

  • Dauer der Probezeit
  • Dauer der Arbeitszeit
  • Anzahl der Urlaubstage
  • Höhe der Ausbildungsvergütung
  • Kündigungsregelungen
  • Sonderzahlungen
  • Beginn, Dauer, Art und Ziel der Ausbildung

Außerdem musst du deinem Ausbildungsunternehmen zu Beginn deine Steueridentifikationsnummer mitteilen. Sofern sie dir nicht vorliegt, kannst du sie bei deinem zuständigen Finanzamt erfragen. Darüber hinaus braucht die Personalabteilung deine Krankenversicherung und die Daten deines Girokontos.

Wie lange habe ich Probezeit?

Das Berufsbildungsgesetz legt fest: Die Probezeit muss mindestens einen und darf maximal vier Monate dauern. In dieser Zeit sollen sich Arbeitgeber und Auszubildende (Azubi) gegenseitig kennenlernen. So kannst du überprüfen, ob du den für dich richtigen Beruf gewählt hast. Während der Probezeit kannst sowohl du als Azubi, als auch der Betrieb von heute auf morgen und ohne Begründung das Ausbildungsverhältnis kündigen. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen.
 
Darf der Betrieb nach Ende der Probezeit kündigen?

Die Kündigung von Auszubildenden ist schwierig und laut Berufsbildungsgesetz nur aus „einem wichtigen Grund“ möglich, etwa bei schwerem Diebstahl oder wenn du häufig unentschuldigt fehlst. Nach Bekanntwerden des „wichtigen Grundes“ muss die Kündigung innerhalb von zwei Wochen schriftlich ausgesprochen werden, danach ist sie unwirksam.

Was ist mit Überstunden?

Überstunden sind in der Ausbildung nicht vorgesehen. Auszubildende sollen in erster Linie ihren Beruf erlenen – und dazu reicht die vertraglich festgelegte Ausbildungszeit aus. Wenn sie Überstunden machen, muss sich der Betrieb an die Regeln des Jugendarbeitsschutzgesetzes und des Arbeitsgesetzes halten. Der Ausbildungsbetrieb muss den Azubis alle Überstunden mit entsprechendem Zuschlag vergüten oder ermöglichen, sie durch Freizeit auszugleichen.

Wie viel Urlaub gibt es?

Im Ausbildungsvertrag steht, wie viel Urlaubstage es pro Jahr gibt. Die IG Metall-Tarifverträge sehen bis auf wenige Ausnahmen 30 Tage Urlaub vor. Der Jahresurlaub ist im laufenden Kalenderjahr zu nehmen, davon muss der Arbeitgeber mindestens zwei Wochen am Stück gewähren. Die IG Metall rät, den Urlaubsantrag frühzeitig schriftlich zu stellen. Darauf muss der Arbeitgeber innerhalb eines Monats reagieren.
 
Wie hoch ist die Ausbildungsvergütung?

Die Ausbildungsvergütung ist in Tarifverträgen vereinbart. Wie hoch sie in den einzelnen IG Metall-Branchen – etwa Metall, Elektro, Eisen und Stahl, Textil, Bekleidung, Holz und Kunststoff – ist, kannst du über die Jugend- und Auszubildendenvertretung bzw. die IG Metall Geschäftsstelle erfahren. Ist der Betrieb nicht tarifgebunden, muss die Vergütung angemessen sein. In dem Fall gilt der Branchentarifvertrag als Richtwert. Azubis in einer normalen dualen Ausbildung haben Anspruch auf mindestens 80 Prozent der üblichen tariflichen Vergütung, in einer überbetrieblichen Ausbildung auf mindestens 55 Prozent.

Darf der Chef bei Krankheit einen Teil der Ausbildungsvergütung einbehalten?

Wenn du im Betrieb eine sogenannte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegst, erhältst du deine Vergütung sechs Wochen lang weiter. Wenn du krank wirst, musst du das vor Dienstbeginn im Betrieb melden und sagen, wie lange du vermutlich ausfällst. Lege im Betrieb spätestens am dritten Tag (bei manchen Arbeitgebern auch schon am ersten Tag) die Krankmeldung des Arztes vor. Wirst du am Berufsschultag krank, musst du trotzdem den Arbeitgeber und zusätzlich die Berufsschule informieren. Am besten fragst du deinen Lehrer, wie das in der Berufsschule mit einer Krankmeldung gehandhabt wird. Das ärztliche Attest musst du deinem Arbeitgeber vorlegen. Es ist ratsam, auch in der Berufsschule eine Kopie des Attests vorzulegen – besonders wenn du wegen Krankheit Klausuren verpasst hast. 

Woran erkenne ich eine gute Ausbildungsstelle?

Deine Ausbildung im Betrieb sollte zeitlich und inhaltlich gut strukturiert sein. Zu diesem Zweck stellt der Ausbilder einen Ausbildungsplan auf, den du zu Beginn ausgehändigt bekommst. Er stellt sicher, dass du alle Inhalte und Tätigkeiten lernst, die für deinen Beruf notwendig und wichtig sind.

Welche Tätigkeiten genau vorgeschrieben sind, steht im jeweiligen Ausbildungsrahmenplan. Ausbildungsrahmenpläne zu sämtlichen Berufen sind auf der Internetseite des Bundesinstituts für Berufsbildung zu finden.

Muss ich jede Aufgabe erledigen, die mir aufgetragen wird?

Häufig kommt es vor, dass gerade Azubis „ausbildungsfremde“ Tätigkeiten übertragen bekommen. Welche Tätigkeiten dazugehören, lässt sich jedoch nicht immer genau festlegen. Beispielsweise sind in der kaufmännischen Ausbildung Ablage- und Kopierarbeiten auch Bestandteile der Ausbildung. Wenn diese Tätigkeiten jedoch dominieren oder gar ausschließlich vom Azubi erledigt werden, dienen sie nicht mehr dem Ausbildungszweck und können als ausbildungsfremde Tätigkeiten eingestuft werden. Sie sind verboten, denn Azubis sollen nicht als billige Arbeitskräfte missbraucht werden.

In diesem Fall solltest du dich an die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) oder an den Betriebsrat im Betrieb wenden.

Muss ich in die Berufsschule?

Der Unterricht in der Berufsschule ist ein wichtiger Bestandteil der betrieblichen Ausbildung. In der Regel ist er ist für alle Azubis verpflichtend. Er findet entweder im Block oder in Teilzeit statt. Der Arbeitgeber muss die Azubis für diese Zeit bezahlt freistellen. Außerdem müssen alle Ausbildungsmittel, die zur Berufsausbildung und zum Ablegen von Zwischen- und Abschlussprüfungen erforderlich sind, kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

Übernahme nach der Ausbildung?

Seit 2012 haben Azubis, die Mitglied der IG Metall sind, nach erfolgreicher Ausbildung grundsätzlich einen tariflichen Anspruch auf Übernahme in ein Arbeitsverhältnis. Das hat die IG Metall in der Metall- und Elektrobranche, in der Eisen- und Stahlindustrie, in der Holz- und Kunststoffbranche sowie in vielen Handwerksbereichen durchgesetzt. Hier muss der Betriebsrat gemeinsam mit dem Arbeitgeber den Personalbedarf feststellen und planen, wie viele Ausgelernte in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen werden. Wenn nach dieser Personalbedarfsplanung feststeht, dass eine unbefristete Übernahme möglich ist, besteht ein Anspruch darauf. Auch wenn der Betrieb über Bedarf ausbildet, haben Ausgelernte einen Anspruch darauf, mindestens für ein Jahr beschäftigt zu werden – es sei denn, Betriebsrat und Arbeitgeber haben dazu etwas anderes vereinbart.

Ausbildungsplatzwechsel?

Auszubildende können kündigen oder einen Aufhebungsvertrag vereinbaren und ihre Ausbildung in einem anderen Unternehmen fortsetzen. Du solltest aber erst dann kündigen, wenn du einen neuen Betrieb gefunden hast, der dich übernimmt. Wenn der Arbeitgeber mit deinem Weggang nicht einverstanden ist, brauchst du einen gravierenden Grund für eine fristlose Kündigung. 

Wer hilft mir bei Fragen oder Problemen in der Ausbildung?

Die Jugend- und Ausbildungsvertretung im Betrieb, der Betriebsrat und die IG Metall Geschäftsstelle unterstützen die Neuen beim Start und im weiteren Verlauf der Ausbildung. Betriebsräte, Javis und Gewerkschaften haben beim Thema Ausbildung ein Wörtchen mitzureden – das regelt das Betriebsverfassungsgesetz.

Mitglied der IG Metall werden!

Die Höhe der Ausbildungsvergütungen, die Länge der Arbeitszeit, die Zahl der Urlaubstage und die Übernahme nach der Ausbildung in ein Arbeitsverhältnis sind nicht von der „Gnade“ des Arbeitgebers abhängig, sondern in Tarifverträgen geregelt. Diese sind nicht vom Himmel gefallen – sie wurden von den Mitgliedern und ihrer Gewerkschaft IG Metall durchgesetzt. Die Formel lautet: Je mehr Mitglieder – umso höher die Durchsetzungskraft

Es gibt viele Wege, Mitglied der IG Metall zu werden: Direkt im Betrieb beispielsweise in den kommenden Wochen bei den Begrüßungsgesprächen der JAV gemeinsam mit der Vertreterin der IG Metall oder im örtlichen Gewerkschaftshaus in Gevelsberg, Witten oder Wuppertal.

(Unter Verwendung eines Textes von www.igmetall.de)

Foto: Auszubildende während der Tarifrunde 2018 in Gevelsberg – Foto: IGM GH-Archiv

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