Einschränkungen beim Elterngeld

Warum das ein schlechte Idee ist und was die IG Metall fordert
Bundesfamilienministerin Lisa Paus bestätigte letzte Woche Berichte zur Einschränkung des Elterngeldes. Es ist geplant das ab 2024 nur noch Haushalte mit einem gemeinsamen (zu versteuerndem) Einkommen von maximal 150.000 Euro Elterngeld beziehen können. Alle die mehr verdienen, sollen keinen Anspruch mehr haben. Grund hierfür seien Einsparungen, die durch den angeordneten Sparhaushalt des FDP-geführten Finanzministeriums notwendig würden. Die IG Metall und zahlreiche Betriebsrät*innen der Branche kritisieren das Vorhaben.
Auch jetzt gilt bereits eine Obergrenze bei einem Einkommen von 300.000 Euro für Paare, beziehungsweise 250.000 Euro für Alleinerziehende. Diese Grenze der zu versteuernden Einkommen nun derart zu reduzieren, hätte fatale Folgen für die Gleichstellung.
„Die Koalition gefährdet damit die gleichstellungspolitischen Erfolge der letzten Jahre und drängt viele Frauen aus dem Erwerbsleben und zurück in die klassische Rollenverteilung”, sagt Christiane Benner, zweite Vorsitzende der IG Metall.
Seit 2007 stagniert das Niveau des Elterngeldes, die Verbraucherpreise allerdings sind zwischen 2007 und Januar 2022 deutlich angestiegen. Im Koalitionsvertrag wurde deshalb vereinbart die Höchst- und Mindestsätze zu dynamisieren. Statt das überfällige Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen, ist aber nun geplant den Kreis der Bezugsberichtigten einzuschränken. Im Besonderen im Bereich der Metallbranche wird das für zukünftige Eltern zu einem gleichstellungspolitischen Rückschritt führen.
Das Elterngeld wurde 2007 eingeführt, um Gleichstellung voranzubringen. Mit Erfolg: Der Anteil von Vätern in Elternzeit hat sich von 4 auf 43 Prozent erhöht. Die Frauenerwerbsbeteiligung konnte deutlich gesteigert werden.
Die IG Metall setzt sich gesellschaftspolitisch und tarifpolitisch für eine bessere Gleichstellung von Frauen in der Arbeitswelt ein. Tarifverträge verringern nicht nur die Entgeltlücke, sondern befördern auch die Erwerbsbeteiligung von Frauen mit Blick auf Voll- und Teilzeitquoten. Weibliche Beschäftigte in den Branchen der IG Metall arbeiten laut Zahlen der Bundesagentur für Arbeit fast doppelt so häufig in Vollzeit als in der übrigen Wirtschaft: 9,3 Prozent statt 6,6 Prozent. Durch die Unterstützung bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf können Frauen schneller in den Arbeitsmarkt zurückkehren und ihre Karrieren fortsetzen, was letztendlich zu höheren Steuereinnahmen und einem höheren Wirtschaftswachstum führen kann.
Gleichstellungspolitische Rolle Rückwärts
Wie viele Haushalte in Deutschland die Gesetzesänderung konkret betreffen würde, ist unklar. Schätzungen gehen jedoch von 60.000 bis zu 490.000 betroffenen Familien aus, wenn man jene Paare einbezieht, die potenziell noch Kinder bekommen in den nächsten Jahren.
Sozialpolitisch ist die geplante Absenkung zwar nachvollziehbar, gleichstellungspolitisch drohen allerdings immense Wirkungen, weil die finanzielle Abhängigkeit der Elternteile voneinander in den ersten Lebensmonaten verstärkt wird. Als Frau eine erfolgreiche Karriere anzustreben, wird dadurch deutlich unattraktiver, es könnte wieder sinnvoll erscheinen, die Karriere des Partners zu stützen, statt die eigene zu verfolgen. Hochqualifizierte Frauen könnten – trotz Fachkräftebedarf – die Arbeitszeit reduzieren, um unter die Einkommensgrenze zu fallen. Außerdem greift der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz erst ab 12 Monaten und kann in der Praxis auch häufig nicht direkt verwirklicht werden. Ohne finanzielle Absicherung oder Anreize werden Paare wieder häufiger entscheiden, dass die Person mit geringerem Einkommen die Kinderbetreuung in dieser Zeit übernimmt – statistisch gesehen in der Regel die Mutter.
Das fordert die IG Metall
- Mindest- und Höchstbetrag erhöhen und dynamisieren: seit der Einführung des Elterngeldes im Jahr 2007 wurden keine Anpassungen vorgenommen. Das kommt einer Elterngeldkürzung gleich: die Verbraucherpreise sind zwischen 2007 und Januar 2022 um 23 Prozent angestiegen. Hinzu kommt die Lohnentwicklung.
- Partnerschaftlichkeit stärken: Finanzielle Anreize stärken, um mehr Väter zur Elternzeit zu ermuntern. Ausbau der sog. Partnermonate beim Elterngeld, die nicht auf den anderen Elternteil übertragen werden können.
- Ehegattensplitting abschaffen: Der Staat subventioniert insbesondere höherverdienende Ehepaare jährlich mit über 20 Milliarden durch steuerliche Vorteile, unabhängig davon ob sie Kinder haben oder nicht.
- Familienstartzeit einführen: nach der Geburt sollen Väter bzw. das andere Elternteil (bei Alleinerziehenden eine Person nach Wahl) eine 10-tägige bezahlte Freistellung erhalten. Dies soll die Bindung stärken und Partnerschaftlichkeit fördern.