„Es geht nur gemeinsam!“

Sprockhövel: Zur ersten Betriebsrätekonferenz trafen sich 83 Betriebsratsmitglieder und Jugend- und AuszubildendenvertreterInnen aller deutschen dorma + kaba Standorte in Sprockhövel. Im Mittelpunkt ihrer Beratungen im IG Metall Bildungszentrum standen die „arbeitsrechtlichen und fusionsrechtlichen Auswirkungen“ des inzwischen vollzogenen Zusammenschlusses der beiden Konzerne. Wie wichtig jetzt „ein enger Schulterschluss aller Betriebsratsgremien“ ist, unterstrich der Konzernbetriebsratsvorsitzende Jörg Kannapin in seinem Bericht.
Mit der Fusion der Ennepetaler DORMA-Gruppe mit Kaba Gruppe aus Rümlang bei Zürich (Schweiz) ist ein globales Top-3-Unternehmen– nach der schwedischen Assa Abloy-Gruppe und der irischen Allegion AG – im Markt für Sicherheits- und Zutrittslösungen mit einem Umsatz von rund 2,2 Milliarden CHF und weltweit 16.000 Beschäftigten entstanden. Inzwischen habe sich der Konzernbetriebsrat neu konstituiert: In diesem Gremium arbeiten VetreterInnen aus sieben Dorma – und vier Kaba-Standorten zusammen, die in Deutschland insgesamt 3.600 Beschäftigte vertreten.
„An allen Standorten gibt es bei unseren Kolleginnen und Kollegen Unsicherheiten über die weiteren Strukturveränderungen im Zuge des Fusionsprozesses“, sagte Jörg Kannapin. Außer der ersten Information, dass Synergieeffekte in Höhe von 60 Mio. bis 70 Mio. CHF pro Jahr realisiert und im vierten Jahr nach dem Zusammenschluss voll wirksam werden und weltweit 800 Arbeitsplätze wegfallen sollen, gäbe es bisher keine neueren Informationen: „Wir stochern nach wie vor im Nebel“.
Die Ankündigung des neuen Vorsitzenden der Geschäftsführung Riet Cadonau in allen Betriebsversammlungen „jeder Standort muss sich jährlich neu auf den Prüfstand stellen lassen“, habe nicht zur Beruhigung in den Belegschaften beigetragen, sondern die Unruhe eher noch verstärkt. Die Geschäftsführung wolle nun Anfang Juni ihr Konzept über die künftige Ausrichtung der Standorte und damit verbunden das Personalkonzept der Interessenvertretung vorstellen.
„Wir werden die Planungen entgegennehmen und gemeinsam mit unserem arbeitsorientierten Belegschaftsberater von PCG auf Plausibilität überprüfen und wenn notwendig Alternativen entwickeln“, erklärten Jörg Kannapin und sein Stellvertreter Dirk Ischen. Die IG Metall-Bevollmächtigte und stellv. Aufsichtsratsvorsitzende Clarissa Bader stellte klar, dass sich die Interessenvertretung dabei „nicht unter Zeitdruck setzen lasse“, denn schließlich habe die Arbeitgeberseite selbst Monate für die Erstellung ihrer „Operation“-Module benötigt. Danach würden die Verhandlungen mit der Geschäftsführung über einen Interessenausgleich und Sozialplan aufgenommen. Den Auftrag dazu haben inzwischen alle örtlichen Betriebsratsgremien dem Konzernbetriebsrat erteilt.
Foto 2: Lutz Ellinghaus, Clarissa Bader, Jörg Kannapin, Dirk Ischen und Kai Kürschner (v.l.n.r.)
Informationen über arbeitsrechtliche und wirtschaftliche Fragen
Auf einem Parforceritt zu den Themen „Betriebsänderung“, „Interessenausgleich“ und „Sozialplan“ (Paragrafen 111/112 BetrVG) nahm anschließend der Gevelsberger Rechtsanwalt Lutz Ellinghaus die Betriebsratsmitglieder mit. Er wies in der Diskussion die Kolleginnen und Kollegen immer wieder daraufhin, dass keine „geplante Maßnahme“ an den Standorten umgesetzt werden dürfe, bevor nicht ein einvernehmliches Verhandlungsergebnis erzielt worden sei. Lutz Ellinghaus und die IGM Bevollmächtigte Clarissa Bader wiesen in der Diskussion auf Gefahren bei Aufhebungsverträgen hin.
Kai Kürschner von Project-Consult (PCG) in Essen erläuterte den Konferenzteilnehmern die wirtschaftliche Lage der beiden Unternehmen in den drei Geschäftsjahren vor der Fusion und die „gesellschaftsrechtliche Konstruktion“ des neuen Unternehmens. Seine erfreuliche Nachricht lautete: Hier haben „zwei wirtschaftlich stabile Unternehmen“ zusammengefunden, er fügte jedoch den Wermutstrophen hinzu, dass der geplante Personalabbau von 800 Stellen „allein aus Renditegründen“ erfolgen soll. Denn das börsennotierte Unternehmen habe für die Aktionäre ein Renditeziel von 18 Prozent gesetzt.
Jörg Kannapin wies in diesem Kontext daraufhin, dass der Konzernbetriebsrat gemeinsam mit den Belegschaftsberatern einen ausführlichen Fragenkatalog u.a. zu den wirtschaftlichen Zielen, zum künftigen Produktportfolio und den strategischen Ansätzen erarbeitet habe. Dieser werde der Geschäftsführung zur Beantwortung übergeben. Diese Information seien für die Verhandlungen über den Interessenausgleich notwendig.
Informationen angemahnt
Eine umfassende und rechtzeitige Information der Arbeitgeberseite über die weiteren Schritte mahnten die KBR-Spitze, aber auch Betriebsratsmitglieder aus den einzelnen Standorten am zweiten Konferenztag gegenüber Harald Friese, Koordinator für die Arbeitnehmer und Betriebsräte in der dorma + kaba Gruppe, an. Friese nahm die Fragen der Interessenvertreter entgegen und verwies auf die geplante Vorstellung des Konzepts in den kommenden Tage.
Neben dem wichtigen Erfahrungsaustausch über die Betriebsgrenzen hinweg und der Erarbeitung von gemeinsamen Strategien – nahmen die Kolleginnen und Kollegen die Erkenntnis mit nach Hause: Es geht nur gemeinsam. Und dazu brauchen wir die Beschäftigten vor Ort zur Unterstützung. „Mit deren Stärke im Rücken ist mir um unsere Zukunft nicht bange“, betonte Jörg Kannapin.
Foto 3: Es gab viele Frage zur weiteren Entwicklung
Foto 1 : Gemeinsam sind wir stark: TeilnehmerInnen der Betriebsräteversammlung in Sprockhövel
Fotos: IGM-GH