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Extremer Reichtum und extreme Armut nehmen zu

Oxfam-Bericht zur „explodierenden“ Ungleichheit

Auf dem Weltwirtschaftsforum (WEF) im Schweizer Kurort Davos schwadronieren wieder einmal Konzern- und Regierungschefs, wie sie die Welt verbessern wollen, und beweihräuchern sich selbst. Dagegen zeigt der neue Bericht „Überleben der Reichsten“ (Survival of the Richest) der internationalen Hilfs- und  Entwicklungsorganisation Oxfam, wo es wirklich brennt. Die Autoren stellen fest: Während Millionen Menschen nicht wissen, wie sie Lebensmittel und Energie bezahlen sollen, bringen die Krisen unserer Zeit gigantische Vermögenszuwächse für Milliardär*innen, Konzerne und Superreiche sind die Gewinner von Corona-Pandemie und Energiekrise.

Seit 2020 gingen 26 Billionen US-Dollar (63 Prozent) der gesamten Vermögenszuwächse in Höhe von 42 Milliarden US-Dollar an das reichste Prozent der Weltbevölkerung, während 99 Prozent sich den Rest teilen. Nach Angaben der Weltbank ist das die größte Zunahme der weltweiten Ungleichheit und Armut seit dem Zweiten Weltkrieg. Dagegen leben 1,7 Milliarden Beschäftigte in Ländern, in denen die Lohnentwicklung die Inflation nicht ausgleicht und in Folge dessen die Löhne schrumpfen. Der Schuldendienst der ärmsten Länder übersteigt deren Gesundheitsausgaben um das Vierfache. Und 828 Millionen Menschen – zehn Prozent der Weltbevölkerung – leiden an Hunger.

Superreiche haben abgesahnt

Auch in Deutschland haben Superreiche in diesem Zeitraum besonders abgesahnt: Vom gesamten Vermögenszuwachs, der zwischen 2020 und 2021 in der Bundesrepublik erwirtschaftet wurde, gingen 81 Prozent an das reichste Prozent, während die restlichen 99 Prozent der Bevölkerung nur 19 Prozent des Vermögenszuwachses erhielten. Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung und der Sozialverband (VDK) kommen in ihren Untersuchungen zu ähnlichen Ergebnissen.

Der Reichtum der Mil­li­ar­dä­r*in­nen habe nicht nur während der Pandemie, sondern infolge der Inflation auch 2022 deutlich zugenommen, schreibt Oxfam. „95 Lebensmittel- und Energiekonzerne haben ihre Gewinne im Jahr 2022 mehr als verdoppelt.“ Sie haben 306 Milliarden US-Dollar an Übergewinnen erzielt und davon 257 Milliarden US-Dollar an ihre Ak­tio­nä­r*in­nen ausgeschüttet. Die Berechnungen basieren auf Vermögensdaten der Schweizer Bank Credit Suisse.

Steuersenkungen auf Kosten der Allgemeinheit

Jahrzehntelange Steuersenkungen für die Reichsten und Unternehmen auf Kosten der Allgemeinheit haben die Ungleichheit verschärft und dazu geführt, dass in vielen Ländern die Ärmsten höhere Steuersätze zahlen als Milliardär*innen. Hierzulande wird beispielsweise seit 1997 keine Vermögenssteuer mehr erhoben. Zudem verstecken Millionäre und Milliardäre ihren Reichtum oft in Steueroasen, wo sie kaum Abgaben entrichten. Gleichzeitig haben viele Regierungen die Steuern auf Waren und Dienstleistungen wie z.B. Mehrwertsteuern erhöht, was die Ärmsten unverhältnismäßig stark belastet und die Ungleichheit noch verschärft.

Die gebetsmühlenartig wiederholte Behauptung: Von Steuersenkungen für die Reichsten profitieren alle, ist ein Mythos. Im Gegenteil: Die Steuereinnahmen fehlen da, wo sie dringend nötig wären. So geben beispielsweise die einkommensschwächsten Länder inzwischen viermal mehr für die Rückzahlung von Schulden aus als für die Gesundheitsversorgung. Drei Viertel der Regierungen der Welt planen, ihre Ausgaben im öffentlichen Sektor, etwa im Bildungs- und Gesundheitswesen, zu kürzen – um insgesamt 7,8 Billionen US-Dollar in den nächsten fünf Jahren.

Oxfam: Wege aus der Ungleichheit

„Konzerne und ihre superreichen Ei­gen­tü­me­r*in­nen müssen endlich einen fairen Beitrag zum Gemeinwohl leisten“, sagt Manuel Schmitt von Oxfam Deutschland. So fordere Oxfam von der Bundesregierung eine Übergewinnsteuer zur Abschöpfung der Inflationsprofite, höhere Erbschaftssteuern unter anderem für Firmenerben und Vermögenssteuern. Angesichts der aktuellen Krisensituation brauche es eine einmalige Abgabe auf sehr hohe Vermögen. Das Geld solle in Bildung, Gesundheit und die sozialen Sicherungssysteme investiert werden.

Millionäre fordern Besteuerung von Ultra-Reichen

„Die extreme Vermögenskonzentration ist nicht mehr tragbar“, stellt eine Gruppe von 200 Millionären aus 13 Ländern fest. In einem Brief forderten sie von den in Davos versammelten politischen Entscheider*innen: Besteuern sie die Supereichen, und zwar sofort. „Es ist eine Investition in unser Gemeinwohl und eine bessere Zukunft, die wir alle verdienen“. Nur so könne man die sprunghaft ansteigende Ungleichheit in den Griff bekommen. Ein Treffen der „globalen Elite“ in Davos, bei dem die „Zusammenarbeit in einer zersplitterten Welt“ erörtert werde, sei sinnlos, wenn man nicht die Ursache der Spaltung bekämpfe.

Autor: Otto König

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