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Freizeitausgleich für Betriebsratssitzung

Muss ein/e Arbeitnehmer/in für sein/ihr Ehrenamt als Betriebsratsmitglied die Freizeit opfern, hat er/sie Anspruch auf bezahlten Freizeitausgleich. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, er habe den/die Arbeitnehmer/in vorab von der Nachtschicht freigestellt. Denn der Ausgleichsanspruch kann nicht rückwirkend gewährt werden – so urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt.

Das war der Fall:
Der Arbeitnehmer ist in vollkontinuierlicher Wechselschicht beschäftigt. Das bedeutet, auf eine Woche Frühschicht folgt eine Woche Arbeit in der Spätschicht, darauf eine Woche Nachtschicht und dann eine Freiwoche. Der Beschäftigte ist Mitglied im Betriebsrat.

Häufig finden am ersten Tag seiner Freiwoche Betriebsratssitzungen statt. Dafür stellt der Arbeitgeber ihn in der vorhergehenden Nachtschicht für acht Stunden von der Arbeitsleistung frei und zahlt seine Vergütung fort. Dennoch verlangte der Betroffene für die Zeit der Betriebsratssitzungen eine Gutschrift auf seinem Arbeitszeitkonto. Er ist der Auffassung, sein Chef müsse ihm nach § 37 Abs. 3 BetrVG Freizeitausgleich für die Zeit gewähren, in der er außerhalb seiner Arbeitszeit Betriebsratstätigkeiten wahrnimmt.

Der Arbeitgeber ist der Meinung, ein Ausgleich sei durch die Freistellung von der Nachtschicht bereits erfolgt. Es sei dem Betriebsratsmitglied daher – im Verhältnis zu seiner persönlichen Arbeitszeit – keine zusätzliche zeitliche Belastung entstanden. Betriebsratstätigkeit liege nur dann »außerhalb der Arbeitszeit« im Sinne von § 37 Abs. 3 BetrVG, wenn die persönliche Arbeitszeit bereits durch Arbeitsleistung oder Betriebsratstätigkeit ausgefüllt gewesen sei.

Das BAG gibt dem Betriebsratsmitglied hat Recht

Die BAG-Richter haben dem Betriebsratsmitglied in vollem Umfang Recht gegeben. Für während der Freizeit geleistete Betriebsratstätigkeit besteht immer ein Anspruch auf Freizeitausgleich. Für diesen reicht es nicht, den Beschäftigten einfach vorab von der Nachtschicht freizustellen. Es muss an einem anderen Arbeitstag bezahlte Arbeitsbefreiung gewährt werden. Nur dann ist es ein echter Freizeitausgleich.

Das BAG begründet seine Entscheidung mit diesen Argumenten:

  • Muss ein Betriebsratsmitglied aus betriebsbedingten Gründen Betriebsratstätigkeit außerhalb seiner Arbeitszeit durchführen, so steht ihm entsprechender Freizeitausgleich unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts zu. Das besagt der wichtige § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Bei Betriebsratsmitgliedern, die in Wechselschicht arbeiten, kann dieser Fall häufig vorkommen.
  • Dem Anspruch steht – so das BAG nun mit äußerster Klarheit – nicht entgegen, dass der Arbeitgeber das Betriebsratsmitglied in der vorhergehenden Nachtschicht nicht zur Arbeit herangezogen hat. Das kompensiert nicht in ausreichendem Maße die geopferte Freizeit. Denn Freizeit heißt: Der Arbeitnehmer kann seinen Freizeitaktivitäten nachgehen und diese planen.

Daher erfordert der Freizeitausgleich nach § 37 Abs. 3 BetrVG, dass an einem anderen Tag, der dem Arbeitnehmer zur Freizeitplanung zur Verfügung steht, Arbeitsbefreiung gewährt wird. Daraus folgt, der Arbeitgeber kann den Ausgleichsanspruch nicht rückwirkend gewähren, indem er ihn in der der Betriebsratssitzung vorhergehenden Nachtschicht freistellt. Er könnte ihn allerdings in einer der folgenden Nachtschichten freistellen.

Der Betriebsrat muss beachten

Der Freizeitausgleich für Betriebsratsmitglieder ist ein heftig umstrittenes Thema. Hier hat das BAG einen wichtigen Aspekt geklärt. Der in § 37 Abs. 3 BetrVG geregelte Freizeitausgleich soll nicht in erster Linie eine überobligatorische Arbeitsbelastung (oder Überstunden) kompensieren.

Vielmehr geht es um einen Ausgleich für die betriebsbedingte Aufopferung persönlicher Freizeit, in der das Betriebsratsmitglied üblicherweise anderes zu tun hat als für den Betrieb zu rackern. Daher reicht es nicht, den Arbeitnehmer vorab von der Nachtschicht freizustellen. Der Arbeitgeber muss explizit einen anderen Tag für die Freizeitaktivitäten des Arbeitnehmers gewähren. (Unter Verwendung eines Text des Bund-Verlages)

Quelle: BAG-Urteil v. 15.05.2019 / Aktenzeichen 7 AZR 396/17

Foto: Thomas Range

 

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