
Anfang August beginnt für viele Jugendliche ein neuer Lebensabschnitt: Die Berufsausbildung. Neue Aufgaben, neue Kolleg*innen, neuer Betrieb: Der Ausbildungsstart wirft gerade bei Berufsanfänger*innen viele Fragen auf. Was ist beim Ausbildungsvertrag zu beachten? Wer regelt, wann und wo ich arbeiten muss? Sind Überstunden erlaubt? Wer hilft mir, wenn ich Fragen und Probleme habe?
Nadine Schröer-Krug, zuständig für die Jugendarbeit in den Geschäftsstellen der IG Metall Gevelsberg-Hattingen, Witten und Wuppertal, hat für die Neuen die wichtigsten Antworten hier zusammengestellt. Bei Unklarheiten empfiehlt die Gewerkschaftssekretärin im Betrieb bei der Jugend- und Auszubildendenvertretung oder dem Betriebsrat nachzufragen bzw. sich bei der Gewerkschaft vor Ort zu informieren.
Was ist beim Ausbildungsvertrag zu beachten?
Der Ausbildungsvertrag muss noch vor Beginn der Ausbildung schriftlich geschlossen werden. Er wird vom Azubi und Ausbilder unterschrieben und muss, falls der oder die Auszubildende nicht volljährig ist, zusätzlich von den gesetzlichen Vertretern, in der Regel also den Eltern unterzeichnet werden. Betrieb und Azubi bekommen je ein Exemplar.
Der Vertag sollte mindestens folgende Punkte enthalten:
- Dauer der Probezeit
- Dauer der Arbeitszeit
- Anzahl der Urlaubstage
- Höhe der Ausbildungsvergütung
- Kündigungsregelungen
- Sonderzahlungen
- Beginn, Dauer, Art und Ziel der Ausbildung
Dem Ausbildungsunternehmen muss zu Beginn die Steueridentifikationsnummer mitgeteilt werden. Sofern sie nicht vorliegt, kann diese beim zuständigen Finanzamt erfragt werden. Darüber hinaus braucht die Personalabteilung die Krankenversicherung und die Daten des Girokontos des Azubis.
Was heißt Probezeit?
Die Probezeit dauert ein bis maximal vier Monate und dient zum gegenseitigen Kennenlernen. Während dieser Zeit können sowohl der/die Auszubildende als auch der Betrieb von heute auf morgen und ohne Begründung das Ausbildungsverhältnis kündigen. Die Kündigung muss aber trotzdem schriftlich erfolgen.
Können Auszubildende den Ausbildungsplatz wechseln?
Azubis können kündigen oder einen Aufhebungsvertrag mit dem Betrieb vereinbaren und ihre Ausbildung in einem anderen Betrieb fortsetzen. Wenn der bisherige Betrieb aber nicht einverstanden ist, brauchen Azubis einen gravierenden Grund für eine fristlose Kündigung.
Müssen Azubis Überstunden machen?
Überstunden sind in der Ausbildung eigentlich nicht vorgesehen, da die Azubis im Betrieb ihren Beruf erlernen sollen. Dazu reicht die vertraglich festgelegte Ausbildungszeit aus. Wenn doch einmal Überstunden geleistet werden, müssen die Regelungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes und des Arbeitszeitgesetzes eingehalten werden. Alle Überstunden müssen der oder dem Azubi mit entsprechendem Überstundenzuschlag bezahlt oder in Freizeit ausgeglichen werden.
Was ist mit Urlaub?
Wie viel Urlaub Azubis pro Jahr zusteht, kann man im Ausbildungsvertrag nachlesen. Die IG Metall-Tarifverträge sehen bis auf wenige Ausnahmen 30 Tage Urlaub vor. Azubis dürfen ihren Jahresurlaub im laufenden Kalenderjahr nehmen, mindestens zwei Wochen des Urlaubs müssen am Stück gewährt werden.
Wie viel Ausbildungsvergütung steht dem Azubis zu?
Die Ausbildungsvergütung ist in Tarifverträgen vereinbart. Wie hoch sie in den einzelnen IG Metall-Branchen – etwa Metall und Elektro, Eisen und Stahl, Textil, Bekleidung, Holz und Kunststoff – ist, kann man über die Jugend- und Auszubildendenvertretung bzw. die IG Metall Geschäftsstelle erfahren. Ist der Betrieb nicht tarifgebunden, muss die Vergütung angemessen sein. In dem Fall gilt der Branchentarifvertrag als Richtwert. Azubis in einer normalen dualen Ausbildung haben Anspruch auf mindestens 80 Prozent der üblichen tariflichen Vergütung, in einer überbetrieblichen Ausbildung auf mindestens 55 Prozent.
Darf der Chef bei Krankheit einen Teil der Ausbildungsvergütung einbehalten?
Wenn du im Betrieb eine sogenannte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegst, erhältst du deine Vergütung sechs Wochen lang weiter. Wenn du krank wirst, musst du das vor Dienstbeginn im Betrieb melden und sagen, wie lange du vermutlich ausfällst. Lege im Betrieb spätestens am dritten Tag (bei manchen Arbeitgebern auch schon am ersten Tag) die Krankmeldung des Arztes vor. Wirst du am Berufsschultag krank, musst du trotzdem den Arbeitgeber und zusätzlich die Berufsschule informieren. Am besten fragst du deinen Lehrer, wie das in der Berufsschule mit einer Krankmeldung gehandhabt wird. Das ärztliche Attest musst du deinem Arbeitgeber vorlegen. Es ist ratsam, auch in der Berufsschule eine Kopie des Attests vorzulegen – besonders wenn du wegen Krankheit Klausuren verpasst hast.
Besuch der Berufsschule?
Der Unterricht in der Berufsschule ist ein wichtiger Bestandteil der betrieblichen Ausbildung. In der Regel ist er ist für alle Azubis verpflichtend. Er findet entweder im Block oder in Teilzeit statt. Der Arbeitgeber muss die Azubis für diese Zeit bezahlt freistellen. Außerdem müssen alle Ausbildungsmittel, die zur Berufsausbildung und zum Ablegen von Zwischen- und Abschlussprüfungen erforderlich sind, kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
Übernahme nach der Ausbildung?
Seit 2012 haben Azubis, die Mitglied der IG Metall und in einem tarifgebundenen Betrieb beschäftigt sind, nach erfolgreicher Ausbildung grundsätzlich einen tariflichen Anspruch auf Übernahme in ein Arbeitsverhältnis. Das hat die IG Metall in der Metall- und Elektrobranche, in der Eisen- und Stahlindustrie, in der Holz- und Kunststoffbranche sowie in vielen Handwerksbereichen durchgesetzt. Hier muss der Betriebsrat gemeinsam mit dem Arbeitgeber den Personalbedarf feststellen und planen, wie viele Ausgelernte in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen werden. Wenn nach dieser Personalbedarfsplanung feststeht, dass eine unbefristete Übernahme möglich ist, besteht ein Anspruch darauf. Auch wenn der Betrieb über Bedarf ausbildet, haben Ausgelernte einen Anspruch darauf, mindestens für ein Jahr beschäftigt zu werden – es sei denn, Betriebsrat und Arbeitgeber haben dazu etwas anderes vereinbart.
Wer hilft bei Fragen oder Problemen in der Ausbildung?
Die Jugend- und Ausbildungsvertretung im Betrieb, der Betriebsrat und die IG Metall Geschäftsstelle unterstützen die Neuen beim Start und im weiteren Verlauf der Ausbildung. Betriebsräte, Javis und Gewerkschaften haben beim Thema Ausbildung ein Wörtchen mitzureden – das regelt das Betriebsverfassungsgesetz.
Wichtig: Mitglied der IG Metall werden!
Die Höhe der Ausbildungsvergütungen, die Länge der Arbeitszeit, die Zahl der Urlaubstage und die Übernahme nach der Ausbildung in ein Arbeitsverhältnis sind nicht von der „Gnade“ des Arbeitgebers abhängig, sondern in Tarifverträgen geregelt. Diese sind nicht vom Himmel gefallen – sie wurden von den Mitgliedern und ihrer Gewerkschaft IG Metall erkämpft.
Es gibt viele Wege, Mitglied in der IG Metall zu werden: Direkt im Betrieb beispielsweise in den kommenden Wochen bei den Begrüßungsgesprächen der JAV gemeinsam mit der Vertreterin der IG Metall, Nadine Schröer-Krug, oder im örtlichen Gewerkschaftshaus in Gevelsberg, Witten oder Wuppertal.
Foto: IG Metall-Jugend streitet für eine bessere Ausbildung – IGM GH-Archiv