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„Genialer Tarifabschluss“

Mit dem Slogan „Mein Leben, meine Zeit“ startete die IG Metall in der Metallindustrie Anfang 2018 in die Tarifrunde. Mit dem Druck von 1,5 Millionen „Warn“-Streikenden gelang es einen Tarifabschluss durchzusetzen, der den Metaller*innen nicht nur  Entgelterhöhungen, sondern auch das Recht auf „verkürzte Vollzeit“ sowie eine Wahloption zur Umwandlung eines vereinbarten „Tariflichen Zusatzgeldes“ in acht zusätzliche freie Tage“ bescherte: für Schichtarbeiter und Beschäftigte mit bis zu acht Jahre alten Kindern sowie pflegebedürftigen Angehörigen.

Wie die Inanspruchnahme der Wahloption „Zeit statt Zusatz-Geld“ mittlerweile zeigt, hat die IG Metall mit der Wahloption einen Nerv ihrer Mitglieder getroffen. Bei Bonfiglioli O&K Antriebstechnik in Hattingen besonders den der Schichtarbeiter. Laut einer Umfrage der IG Metall in 2600 Betrieben haben sich bundesweit 260.000 Metaller*innen dafür entschieden, die zusätzlichen acht freien Tage statt des tariflichen Zusatzgeldes in Höhe von 27,5% eines Monatsentgelts in Anspruch zu nehmen.

Im Betrieb an der Ruhrallee in Hattingen haben von 72 gewerblichen Beschäftigten 25 in Schicht Arbeitenden die Wahloption genutzt. Den Betriebsratsvorsitzenden Gerd Starosta, der, der auch Mitglied im Ortsvorstandes der IG Metall Gevelsberg-Hattingen ist, wundert es nicht, dass die Anträge auf Umwandlung von Geld in Zeit in erster Linie von den Schichtarbeitern gestellt wurden. „Die zunehmende Arbeits- und Leistungsverdichtung in der Produktion habe Belastungen und vor allem Stress zur Folge“, sagt Gerd Starosta, „unsere Kollegen brauchen die freien Tage zur Erholung“.

 

Warnstreikende O&K´ler vor dem Betrieb in Hattingen, Foto: IGM GH Archiv

Tarifvertrag erkämpft und jetzt genutzt

Für den Betriebsratsvorsitzenden steht fest: »Mehr Zeit, zusätzliche Zeit für die Familie – der Tarifvertrag ist ein genialer Tarifabschluss.“ Diesen durchsetzen haben auch die O&K’ler mitgeholfen mit ihren Warnstreiks – sowohl beim Aktionstag in Gevelsberg und als auch gemeinsam mit den Beschäftigten von Köppern vorm Betrieb an der Ruhrallee. Doch sie haben den Tarifvertrag nicht nur erkämpft, sie nutzen ihn auch.

Starosta: „Trotz der Klagelieder der Vertreter des Arbeitgeberverbandes lief die Umsetzung des Tarifvertrages relativ geräuschlos“. Die Marschroute ihres Betriebsratsgremiums für die Gespräche mit der Personalverantwortlichen lautete von Anfang an: „Wer Anspruch hat und will, der kann!“ Mit Hilfe der 1. Bevollmächtigten Clarissa Bader habe man schnell eine „pragmatische Lösung“ gefunden: Alle die einen Anspruch haben dürfen die Wahloption in Anspruch nehmen, vier der acht freien Tage können geblockt werden und die anderen vier Tage werden auf ein Sonderkonto gebucht und können flexibel daraus entnommen werden. „Damit können im Betrieb alle gut leben“, stellt Gerd Starosta zufrieden fest.

Dass die Umsetzung des Tarifvertrages so geräuschlos über die Bühne gegangen sei, habe auch damit etwas zu tun, dass die Gegenseite wisse: „Wer heute Anträge der Beschäftigten auf mehr freie Tage ablehnt, darf nicht damit rechnen, dass die Kolleginnen und Kollegen morgen Überstunden machen.“

1. Foto: Betriebsratsvorsitzender Gerd Starosta(l) bei der Demonstration in Gevelsberg – alle Fotos: IGM GH

 

 

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