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Gleicher Lohn: Keine Frage des Verhandlungsgeschicks

„Der hat eben besser verhandelt“ zählt für Arbeitgeber als Begründung nicht mehr: Frauen haben Anspruch auf den gleichen Lohn für die gleiche Arbeit wie ihre männlichen Kollegen. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob Männer einen besseren Lohn ausgehandelt haben. So eine Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG).

Vom Equal-Pay-Grundsatz darf nicht deshalb abgewichen werden, nur weil ein männlicher Kollege ein höheres Gehalt fordert und der Arbeitgeber dem nachgibt. Dies hat das BAG klargestellt und einer Frau Recht gegeben, die auf Zahlung der Differenzbeträge zum Gehalt des männlichen Kollegen und auf Entschädigung geklagt hatte Der achte BAG-Senat sprach der Dresdnerin eine Gehaltsnachzahlung von 14.500 Euro und eine Entschädigung von 2.000 Euro zu.

Das war der Fall

Die klagende Susanne Dumas war seit dem 01. März 2017 als Vertriebsmitarbeiterin bei einem Metallunternehmen in Meißen bei Dresden beschäftigt. Ihr einzelvertraglich vereinbartes Grundgehalt betrug dabei 3.500 Euro brutto. Daneben waren auch noch zwei männliche Kollegen bei dem Unternehmen beschäftigt, einer davon seit dem 01. Januar 2017. Auch diesem wurden zunächst 3.500 Euro angeboten, was dieser jedoch ablehnte. Die Arbeitgeberin gab der Forderung nach. Nachdem sie dem Beschäftigten in der Zeit von November 2017 bis Juni 2018 – wie auch der klagenden Dumas – ein Grundentgelt in Höhe von 3.500 Euro gezahlt hatte, vereinbarte sie mit diesem ab dem 1.7.2018 eine Erhöhung des Grundentgelts auf 4.500 Euro brutto. Nach einem Jahr glichen sich die Gehälter des Mannes, der zu einem ähnlichen Zeitpunkt wie Dumas eingestellt worden war, an – bis dann nach einigen weiteren Monaten beiden Männern erneut ein höheres Gehalt angeboten wurde. Der zweite Mann war allerdings seit 30 Jahren im Betrieb, was einen Vergleich vor Gericht schwierig machte.

Beschäftigte verlangte gleiches Gehalt wie männliche Kollegen

Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten die Zahlung rückständiger Vergütung für die Zeit von März bis Oktober 2017 in Höhe von monatlich 1.000 Euro brutto, rückständige Vergütung für den Monat Juli 2017 in Höhe von 500 Euro brutto sowie rückständige Vergütung für die Zeit von August 2018 bis Juli 2019 in Höhe von monatlich 500 Euro brutto.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin müsse ihr ein ebenso hohes Grundentgelt zahlen wie ihrem fast zeitgleich eingestellten männlichen Kollegen. Dies folge daraus, dass sie die gleiche Arbeit wie ihr männlicher Kollege verrichte. Da die Arbeitgeberin sie beim Entgelt aufgrund des Geschlechts benachteiligt habe, schulde sie ihr zudem die Zahlung einer angemessenen Entschädigung  in Höhe von mindestens 6.000 Euro.

Die Beschäftigte klagte zunächst erfolglos auf die Differenzbeträge zum Gehalt des männlichen Kollegen, der zeitgleich mit ihr eingestellt worden war. Sowohl das Arbeitsgericht Dresden als auch das Landesarbeitsgericht Sachsen hielten die ungleiche Bezahlung jedoch für gerechtfertigt. Der Mann sei nur zu dem höheren Gehalt bereit gewesen, den Job anzunehmen. Das Interesse des Unternehmens an der Mitarbeitergewinnung rechtfertige die Gehaltsunterschiede, die Mitarbeitergewinnung sei ein objektives Kriterium.

Urteil ist „Meilenstein“

Vor dem BAG hatte die Revision der Klägerin nun Erfolg. Sie sei aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt worden, weil ihr trotz gleicher Arbeit ein niedrigeres Grundgehalt gezahlt worden sei, so das BAG. Sie habe deshalb einen Anspruch auf das gleiche Grundgehalt wie ihr männlicher Kollege, mit dem sie sich vergleichen könne.

Das niedrigere Gehalt für gleiche Arbeit begründe die Vermutung nach § 22 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), dass die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts erfolgt ist. Dem beklagten Unternehmen sei es dabei nicht gelungen, das zu widerlegen, so das BAG. Darauf, dass das höhere Grundgehalt des männlichen Kollegen nicht auf das Geschlecht, sondern auf dessen besseres Verhandlungsgeschick zurückzuführen sei, könne sich das Unternehmen nicht mit Erfolg berufen. 

Ein Diskriminierungsverbot wegen des Geschlechts und damit Equal Pay sind im AGG, im Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) und im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) geregelt. Nur objektive, geschlechtsneutrale Gründe wie Qualifikation oder Berufserfahrung können bei gleicher Tätigkeit eine unterschiedliche Bezahlung rechtfertigen.

(Unter Verwendung eines Textes des Bund-Verlages)

Quelle: BAG (16.02.2023) / Aktenzeichen 8 AZR 450/21 /PM des BAG Nr. 10/23

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