„Habe mich entschieden, Verantwortung zu übernehmen“

Der Nelson Bolzenschweiß-Technik GmbH &Co.KG in Gevelsberg stehen in den kommenden Wochen größere Veränderungen ins Haus. Das Unternehmen in der Flurstraße produziert und liefert bisher die komplette Produktpalette für das Bolzenschweißen. Das soll sich künftig ändern, wurde dem Betriebsrat mitgeteilt. „Unsere Mutter, die britische Doncasters Group Ltd., hat das Nelson Fastener Systemgeschäft an die US-amerikanische Stanley Black & Decker Inc. verkauft“, schildert der stellv. Betriebsratsvorsitzende Dietmar Rauer die aktuelle Situation.
Dagegen verbleibt das Bolzenschweiß-Geschäft für den Automobil-Kunden wie BMW und VW beim bisherigen Anteilseigner. Die Produktion soll jedoch an einem anderen Standort in der Umgebung fortgeführt werden. Dem Betriebsrat sei zugesagt worden, dass die Aufteilung des Unternehmens „keine Auswirkungen auf die Beschäftigten“ habe. Dennoch herrsche im Betrieb, Unruhe, weil noch offen ist, wer welchem Bereich zugeordnet werde. „Jetzt haben wir nicht nur die Durchführung der Betriebsratsratswahlen vor der Brust, sondern müssen auch noch über einen Interessenausgleich mit der Geschäftsführung verhandeln“, sagt der langjährige IG Metaller, was gemeinsam mit der IG Metall und dem Rechtsanwalt Lutz Ellinghaus erfolgen werde.
Dietmar Rauer wurde 1956 in Altena, im Tal der Lenne, geboren. Im Schatten der Burg Altena wuchs er auf, besuchte die Schule und frönte seinen sportlichen Hobbys – dem Fußball und dem Tennis spielen. Bei letzterem sollte er früh erfahren, dass dies damals kein Sport für Arbeiterkinder war. Von einem Freund mitgenommen, „bekam ich Trainingsstunden und durfte spielen, doch als ich bei Turnieren gegen die reicheren Sprösslinge gewann, drehte sich der Wind und die weitere Unterstützung blieb aus“, erinnert sich Dietmar.
Nach erfolgreichem Schulabschluss begann er 1972 beim größten Arbeitgeber vor Ort, der VDM Vereinigte Deutsche Metallwerke AG Altena, heute Metals GmbH mit Sitz in Wehrdol, eine Ausbildung zum Werkzeugmechaniker. In dieser Zeit müsse er auch in die IG Metall eingetreten sein, denn „in diesem Betrieb wurdest du sofort auf die Mitgliedschaft in der Gewerkschaft angesprochen“, sagt der Metaller in dessen Mitgliedsbuch allerdings der 1.April 1978 als Eintrittsdatum ausgewiesen ist. Es war das letzte Jahr seiner Tätigkeit als Werkzeugmechaniker in diesem sauerländischen Unternehmen.
Dietmar Rauer wechselte nach Hagen und arbeitete die nächsten sieben Jahre im Werkzeugbau der Firma Ernst Apparatebau. Hier begann seine ehrenamtliche gewerkschaftliche „Karriere“. Seine Kollegen motivierten ihn bei den Betriebsratswahlen zu kandidieren und wählten ihn dann auch in das Gremium. „Es war keine leichte Arbeit“, erinnert er sich, denn der Betrieb sei nicht „tarifgebunden“ gewesen und der „Kontakt zur Gewerkschaft sei nur lose gewesen“.
Dies sollte sich ändern als er 1985 bei der Nelson Bolzenschweiß-Technik GmbH &Co.KG in Gevelsberg eine Tätigkeit als Werkzeugmechaniker aufnahm. Gerade mal drei Monate später standen rund 50 Entlassungen von 176 Beschäftigten an, „da bekam ich doch einen großen Schreck, denn ich war ja erst kurz im Betrieb, doch letztlich konnte ich bleiben“, schildert Dietmar die damalige brenzlige Situation.
Zum Unmut einiger „Alteingesessener“ wurde der „Neuling“ bei der nächsten Betriebsratswahl 1987 erstmals ins Betriebsratsgremium bei Nelson gewählt, dem er inzwischen seit 30 Jahren angehört. Auf Tages- und Wochenendseminaren mit dem damaligen Bevollmächtigten Franz Bogen sowie auf regionalen Seminaren mit Jochen Stobbe und auf zentralen Seminaren an den Bildungsstätten der IG Metall habe er sich die notwendigen Kenntnisse für die Arbeit der Interessenvertretung im Betrieb angeeignet. „Das brauchst du, sonst kannst du deine Kolleginnen und Kollegen nicht richtig vertreten.“ Die IG Metall-Mitglieder wählten ihn auch in die Delegiertenversammlung – zuerst der IG Metall Gevelsberg, dann der IG Metall Gevelsberg-Hattingen, der er noch heute angehört.
Zur Jahrtausendwende, im Jahr 2001, kam es aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung des Bolzenschweißgeräte-Produzenten erneut zum Personalabbau. „Es war für uns eine schwierige Zeit“, erzählt Dietmar, da auch der damalige Betriebsratsvorsitzende mit ausgeschieden sei, habe er sich entschieden „Verantwortung zu übernehmen“, seine Betriebsratskollegen wählten ihn daraufhin zu ihrem Vorsitzenden. Diesen Vorsitz hatte er bis 2014 inne, nach der Neuwahl in diesem Jahr wurde „mein Kollege Jörg Röhler Betriebsratsvorsitzender und ich übernahm die Stellvertreter Position“.
Zurückblickend stellt der langjährige IG Metaller fest, dass vor allem die „Zusammenarbeit mit den Vorgesetzten“ schlechter geworden sei, das betreffe beispielsweise die Einbeziehung bei der Arbeitsplatzgestaltung genauso wie die Beantragung von Mehrarbeit“, immer häufiger würden „die Informationspflichten gegenüber dem siebenköpfigen Betriebsratsgremium nicht eingehalten“.
Zufrieden ist Dietmar mit dem Tarifabschluss, der vor wenigen Tagen auch auf Nordrhein-Westfallen übertragen werden konnte. „Die Arbeitsniederlegungen und unsere Warnstreiks haben sich ausgezahlt: Die Entgelterhöhung von 4,3% im April dieses Jahres und die tariflichen Sonderzahlungen im nächsten Jahr wirken sich im Geldbeutel unserer Kollegen aus“, betont der stellv. Betriebsratsvorsitzende und fügt hinzu: „Jetzt sollten auch diejenigen in die IG Metall eintreten, die bisher noch abseits standen“. Um etwas durchsetzen zu können, müssen wir gemeinsam handeln und das geht nur mit der Gewerkschaft.
Fit hält sich der „heutige“ Herdecker mit Schwimmen und Fahrrad fahren. Sollte mal nicht die richtige Lust für sportliche Betätigung aufkommen, „sorgt schon ein Hund dafür, dass ich in Bewegung bleibe“. Im März kandiert der Gewerkschafter erneut bei den Betriebsratswahlen 2018 – es wird voraussichtlich seine letzte Amtsperiode werden.
Foto: Dietmar Rauer im Betriebsratsbüro bei Nelson in Gevelsberg – Foto: IGM GH