
Etwas „Wehmut“ war im IG Metall-Bildungszentrum schon zu spüren. Die Delegierten der IG Metall Geschäftsstelle Gevelsberg-Hattingen tagten zum letzten Mal. „Jetzt folgt ein neues Kapitel in der Gewerkschaftsgeschichte in der Region“, sagte der Zweite Bevollmächtigte Mathias Hillbrandt bei der Begrüßung. Im Mai werden die neu- bzw. wiedergewählten Delegierten aus Gevelsberg-Hattingen, Witten und Wuppertal den neuen Ortsvorstand der künftigen Geschäftsstelle Ennepe-Ruhr-Wupper wählen. „Es ist ein Aufbruch in die Zukunft“, so der Tenor in der späteren Debatte.
Es war vor 20 Jahren als die haupt- und ehrenamtlichen Funktionäre aus Gevelsberg und Hattingen nach längerer Diskussion beschlossen: Es ist sinnvoll die „Ressourcen zu bündeln“ und die „Arbeit in der Region zukünftig gemeinsam zu gestalten“: 64 Jahre nach dem gewerkschaftlichen Neubeginn schlossen sich die beiden Verwaltungsstellen Gevelsberg und Hattingen zur IG Metall Gevelsberg-Hattingen zusammen. „Ihr stärkt die Gewerkschaft in der Region und gebt der Verwaltungsstelle mehr Gewicht im IG Metall Bezirk NRW“, sagte der damalige IG Metall-Bezirksleiter Harald Schartau am 20. Mai 2000 in der Bildungsstätte Sprockhövel. Zum Ersten Bevollmächtigten wurde Otto König gewählt, der zehn Jahre später den Staffelstab an Clarissa Bader weitergeben hat.

Metall-Tarifrunde: Sicherung der Beschäftigung steht im Vordergrund
Die Erste Bevollmächtigte Clarissa Bader kritisierte in der Versammlung das Herunterfahren der Ausbildungskapazitäten durch Firmen der Metall- und Elektroindustrie in der Region als „unverantwortlich“. Bei einer Umfrage bei Betriebsräten in 42 Betrieben sei festgestellt worden, dass in 50 Prozent der befragten Betriebe Ausbildungsplätze reduziert worden seien, berichtete zuvor Nadine Schroer-Krug. Die Gewerkschaftssekretärin sagte: „Wer heute Ausbildungsplätze streicht, muss nicht jammern, wenn ihm morgen die Fachkräfte fehlen“.
Die IG Metall habe die „Sicherung der Beschäftigung“ in der diesjährigen Metall-Tarifrunde in den Vordergrund gestellt und strebe „noch in der Friedensplicht einen Tarifabschluss“ an, erklärte Clarissa Bader. Hintergrund für diese „außergewöhnliche Vorgehensweise“ sei der zu befürchtende Arbeitsplatzabbau im Zusammenhang mit der Digitalisierung und Transformation in den Betrieben. Die Gewerkschaft wolle einen „Tarifvertrag Zukunft“ vereinbaren, auf dessen Basis künftig in den Betrieben Zukunftstarifverträge verhandelt werden können, die Investitionen, Qualifizierung und Arbeitsplätze sichern. Die IG Metall habe zwar keine bezifferte Lohnforderung aufgestellt, erwarte aber Entgelterhöhungen, „die die Kaufkraft der Beschäftigten stärken“, sagte die Erste Bevollmächtigte. Jugendsekretärin Nadine Schroeer-Krug wies daraufhin, dass auch dual Studierende endlich in die Tarifverträge einbezogen sollen, damit in deren betrieblicher Ausbildung künftig Arbeitszeit, Einkommen und Urlaub tarifvertraglich geregelt sind.

Nelson Bolzenschweißtechnik in Gevelsberg soll still gelegt werden
Der 2. Bevollmächtigte Mathias Hillbrandt berichtete über die Mitglieder- und Finanzentwicklung. Während sich die Finanzen, gespeist aus Mitgliedsbeiträgen, „sehen lassen“ könne, sei die aktuelle Mitgliederentwicklung „nicht befriedigend“. Ein wesentlicher Grund dafür seien der Arbeitsplatzabbau in der Region. Und jetzt schlage noch das „Coronavirus“ zu: Produktionspläne würden über den Haufen geworfen, Aufträge storniert. Ein aktuelles Beispiel für Arbeitsplatzvernichtung schilderte die Gewerkschaftssekretärin Emel Cetin den im Bildungszentrum Versammelten. So wolle der US-amerikanische Konzern Stanley Black & Decker Inc., der vor zwei Jahren die Nelson Bolzenschweißtechnik GmbH gekauft hatte, das Werk mit 55 Beschäftigten in Gevelsberg schließen und die Produktion nach England verlagern. Sie konnte aber auch positiv berichten, dass in den nächsten Wochen im Betrieb TKR in Gevelsberg zum ersten Mal ein Betriebsrat gewählt werde.
„Gesicht zeigen – Stimme gegen rechts erheben!“
In der Aussprache zu den Berichten der Hauptamtlichen nahmen die ehrenamtlichen Funktionäre vor allem zu den Themen Metall-Tarifrunde, dem Versuch der rechten AfD in Thüringen die demokratischen Institutionen auszuhebeln und die Arbeit des örtlichen Migrantenausschusses Stellung. Der O&K- Antriebstechnik Betriebsratsvorsitzende Gerd Starosta unterstützte noch einmal die Vorgehensweise in der diesjährigen Tarifrunde. Das ehemalige VSG-Betriebsratsmitglied Luiz Martinez betonte wie wichtig es sei, gegen Rassismus Stellung zu nehmen und rechter Hetze entgegen zu treten. Jakobus Fröhlich meinte, dass es gerade angesichts des 100. Jahrestages des reaktionären „Kapp-Putsches“ notwendig sei, Flagge gegen rechts zu zeigen.
Die Möglichkeit „Gesicht zu zeigen und die Stimme gegen rechts zu erheben“ besteht in zahlreichen Zusammenhängen zum Beispiel am „Tag gegen den Rassismus“ am Freitag, 20. März in Gevelsberg.