
Auch mit 67 Jahren soll noch lange nicht Schluss sein: Die Bundesbank plädiert für eine stufenweise Anhebung des Rentenalters in Deutschland auf annähernd 70 Jahre. Während die Arbeitgeber begeistert Beifall klatschen, sind die DGB- Gewerkschaften strikt gegen diesen unsozialen Vorstoß. Und dies zu recht, denn „schon die Rente mit 67 war eine der größten Fehlentscheidungen in der Sozialpolitik dieses Landes“, so das geschäftsführende Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban auf dem Gewerkschaftstag in Nürnberg.
Worum geht es? Die Bundesbank schreibt in ihrem Monatsbericht Oktober: Die Zahl der Rentenempfänger steige, während die Zahl der Beitragszahler sinke. Um das umlagefinanzierte System stabil zu halten, bestehe deshalb „Anpassungsbedarf“. Ein wichtiger Ansatzpunkt für weitere Reformen sei das Rentenalter. Die obersten Währungshüter schlagen vor, das gesetzliche Rentenalter an die steigende Lebenserwartung zu koppeln und schrittweise anzuheben.
Dies hätte zur Folge, dass das offizielle Ruhestandsalter von 2032 an, um durchschnittlich einen dreiviertel Monat pro Jahr steige: „Der Geburtsjahrgang 2001 ginge dann ab Mai 2070 mit 69 Jahren und vier Monaten in Rente.“ Seit 2012 wird die Altersgrenze für den abschlagfreien Bezug der gesetzlichen Rente schon schrittweise von 65 auf 67 Jahre im Jahr 2031 angehoben.
Doch damit nicht genug: Gleichzeitig soll nach ihren Vorstellungen das Rentenniveau der Ruheständler*innen bis 2070 von derzeit 48 auf 44 Prozent gesenkt werden. Derzeit liegt das Rentenniveau bei rund 48 Prozent. Im Gegensatz zu den „Taschenrechnern in Menschengestalt“ fordert die IG Metall, dass das gesetzliche Rentenniveau dauerhaft stabilisiert und wieder auf etwa 53% angehoben werden soll, wie es jahrzehntelang der Fall war.
„Gerecht geht anders,“ kommentiert die IG Metall-Bevollmächtigte Clarissa Bader diesen Vorstoß der Bänker. Schon heute erreichen viele ältere Arbeitnehmer*innen nach den Worten von Clarissa Bader nicht das gesetzliche Rentenalter. Sie würden oft vorher arbeitslos oder chronisch krank, und sich nach Bezug von Arbeitslosengeld I und II oder Krankengeld, nur mit Mühe in eine vorgezogene Altersrente mit Abschlägen retten.
Mathias Hillbrandt weist daraufhin, dass das steigende Durchschnittsalter der Bevölkerung nichts über die individuelle Lebenserwartung der Beschäftigten aussage. „Wer schwer arbeitet, hat ein höheres Sterblichkeitsrisiko als der Durchschnitt aller Erwerbstätigen. Wer also das Renteneintrittsalter anhebt, kürzt all diesen Menschen eiskalt deren Rente,“ erklärte der 2. IGM-Bevollmächtigte.
Um die Weichen in der Alterssicherung wieder richtig zu stellen, sei der „rentenpolitische Dreisprung“ der IG Metall notwendig, betonen die beiden Gewerkschafter: Rentenniveau rauf, Lebensarbeitszeit runter und her mit der Erwerbstätigenversicherung, in die auch Beamte, Selbstständige und Freiberufler einzahlen. Erst vor kurzem erteilten die Gewerkschaftstagdelegierten der „Rente mit 67“ sowie allen Versuchen, das Rentenalter noch weiter anzuheben, eine klare Absage. Stattdessen beschlossen sie die Forderung nach einer erreichbaren Altersgrenze und flexiblen, sozial abgesicherten Übergängen in den Ruhestand. Um diese gewerkschaftlichen Forderungen durchzusetzen, ist es notwendig, dass die Stimmen des Protestes allerdings lauter werden.
(Symbolbild) „Rente mit 70? Nicht mit uns!“ Foto: Thomas Range