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Kommentar zum „Manifest des Friedens“ von Otto König

Für Frieden und Verhandlungen eintreten!

Über 500.000 unterzeichnen „Manifest des Friedens“

Die Publizistin Alice Schwarzer und die Linken-Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht haben gemeinsam ein „Manifest für den Frieden“ veröffentlicht, das von zahlreichen Unterstützer*innen aus Politik, Kultur und Wissenschaft erstunterzeichnet wurde. Der Aufruf „für umgehende Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine sowie gegen weitere Waffenlieferung ins Kriegsgebiet“ gab der bisher schweigenden Hälfte der Bevölkerung in Deutschland eine Stimme. Er hat eine regelrechte Bürger*innen-Bewegung ausgelöst. Auf change.org wird das Manifest täglich von fast 100.000 Menschen unterzeichnet. Der Stand nach wenigen Tagen ist 599.835 (22.2. um 19.00 Uhr). Auch deshalb finde ich die Initiative zur Beendigung des mörderischen Konfliktes für richtig und deshalb habe auch ich unterschrieben. Ich finde ich es wichtig, dass außerparlamentarisch Druck erzeugt wird.

„Es ist zu befürchten, dass Putin spätestens bei einem Angriff auf die Krim zu einem maximalen Gegenschlag ausholt“, heißt es in dem Manifest. „Geraten wir dann unaufhaltsam auf eine Rutschbahn Richtung Weltkrieg und Atomkrieg? Es wäre nicht der erste große Krieg, der so begonnen hat. Aber es wäre vielleicht der Letzte. Die Ukraine kann zwar – unterstützt durch den Westen – einzelne Schlachten gewinnen. Aber sie kann gegen die größte Atommacht der Welt keinen Krieg gewinnen. Das sagt auch der höchste Militär der USA, General Milley. Er spricht von einer Pattsituation, in der keine Seite militärisch siegen und der Krieg nur am Verhandlungstisch beendet werden kann. Warum dann nicht jetzt? Sofort! Verhandeln heißt nicht kapitulieren. Verhandeln heißt, Kompromisse machen, auf beiden Seiten. Mit dem Ziel, weitere Hunderttausende Tote und Schlimmeres zu verhindern.“

Das meinen nicht nur die Unterstützer*innen des Manifests, sondern auch die Hälfte der deutschen Bevölkerung. So haben sich im ARD-DeutschlandTrend 58 Prozent der Befragten dafür ausgesprochen, Deutschland möge seinen Einsatz für diplomatische Bemühungen im Ukraine-Krieg verstärken. Und im aktuellen ARD-DeutschlandTrend lehnen 64 Prozent der Befragten die Bereitstellung deutscher Kampfjets für die Ukraine ab. Nur 23 Prozent sprechen sich dafür aus. (dpa, 17.2.2023)

„Viele Menschen in ganz Europa haben Angst vor einer Ausweitung des Krieges. Sie fürchten um ihre und die Zukunft ihrer Kinder“, ist im Manifest zu lesen. Politiker*innen und Wissenschaftler*innen suggerieren dagegen, es sei lächerlich, Angst zu haben. Mehr noch: „Panikmache müsste bestraft werden“, fordert die Welt. Im Ernst? Das „Bulletin of the Atomic Scientists, eine internationale Vereinigung von Atomwissenschaftlern, warnt, die Doomsday Clock (Weltuntergangsuhr) stehe jetzt bei 90 Sekunden vor dem Knall. So dicht stand die Menschheit noch nie am Abgrund. Und noch nie war die Gefahr so groß, dass der Knall auch aus Versehen, durch eine falsche oder missverstandene Geste, ausgelöst werden könnte.

Wer da keine Angst hat, ist dumm oder zynisch. „Ich fürchte, die Welt schlafwandelt nicht in einen größeren Krieg, sie bewegt sich mit weit geöffneten Augen in ihn hinein“, sagte der Generalsekretär der Vereinigten Nationen, António Guterres vor der UN-Vollversammlung. Soll die Welt nicht auf einen Dritten Weltkrieg zusteuern, braucht es Aufklärung. Das „Manifest für den Frieden“ ist zumindest ein Anfang.

Wer für eine Verhandlungslösung im Ukraine-Krieg eintritt, hat mit heftigen Reaktionen zu rechnen. Weltfremd und naiv sind noch die freundlicheren Kommentare aus Politik und den Leitartikeln zum „Manifest des Friedens“. Der Spiegel kürt Schwarzer und Wagenknecht zu den „Verliererinnen des Tages“. Allerdings äußern sich Kritiker*innen selten zum konkreten Inhalt des Appells, sondern behaupten schlicht, wie der Politologe Herfried Münkler der Aufruf sei „gewissenlos“, „beschönigend und verlogen“. Von einem „Manifest der Unterwerfung“ spricht der taz-Redakteur Jan Feddersen und  meint „wer Friedensverhandlungen fordert, ist amoralisch“. Die, die sich ihm anschlössen, seien eh nicht mehr ganz bei Trost.

Dabei werden in dem Aufruf vor allem Fragen gestellt. Und es wird auf die Kosten eines kriegerischen „Weiter so“ für die Menschen in der Ukraine aufmerksam gemacht, auf die Tausenden Toten, die das jede Woche fordert. Die russische Administration wird als Verantwortliche für den „brutalen“ Überfall auf die „ukrainische Bevölkerung“ ebenso benannt wie für eine mögliche atomare Eskalation.

Es wird auch kein „Diktatfrieden“ (Annalena Baerbock) zulasten der Ukraine gefordert, sondern stärkere diplomatische Initiativen von deutscher Seite, an deren Ende ein Frieden mit Sicherheitsgarantien gerade auch für die ukrainische Seite stehen könnte. Für etwas in dieser Art plädiert mittlerweile auch die dem US-Verteidigungsministerium nahestehende US-Denkfabrik Rand-Corporation. Sie konstatierte jüngst, dass die angegriffene Ukraine den Krieg auch mit dauerhafter militärischer Unterstützung durch den Westen nicht gewinnen könne. Und: Ist es ein Zeichen großer Anteilnahme und Humanität, Hunderttausende in den Tod zu schicken oder sie ein Leben als Traumatisierte in einem zerstörten Land fristen zu lassen? Nein! Deshalb müssen die europäischen Staaten und die USA endlich ihren Einfluss nutzen, um die beiden Regierungen an den Verhandlungstisch zu zwingen.

Im Manifest heißt es deshalb: „Wir Bürgerinnen und Bürger Deutschlands können nicht direkt auf Amerika und Russland oder auf unsere europäischen Nachbarn einwirken. Doch wir können und müssen unsere Regierung und den Kanzler in die Pflicht nehmen und ihn an seinen Schwur erinnern: „Schaden vom deutschen Volk wenden“.

Keiner weiß, was die Zukunft bringt. Jeder kann sich nur auf sein Gewissen und seine Vernunft verlassen. Es ist unsere Aufgabe als Gewerkschafter*innen dafür zu sorgen. dass der Nachkriegskonsens, mit politischen Mitteln dafür zu sorgen, Kriege zu vermeiden, nicht in die Tonne gehauen wird. Für uns gilt nach wie vor: Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus! Auch deshalb ist es wichtig, das „Manifest für den Frieden“ zu unterstützen.

Autor: Otto König

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