
Die Wirtschaft boomt. Die Metall- und Elektroindustrie meldet Rekorde bei Aufträgen, Produktion und Renditen. Gute Voraussetzungen für die anstehende Metall-Tarifrunde in der die IG Metall eine Forderung nach einem Entgeltplus von um die sechs Prozent anpeilt. Die Große Tarifkommission in NRW beschloss in Sprockhövel eine erste richtungsweisende Wegmarke. „Für uns steht allerdings fest, dass eine sechs vorm Komma stehen muss“, kommentierte die IG Metall-Bevollmächtigte Clarissa Bader, die mit großer Mehrheit beschlossene Empfehlung an den Vorstand der IG Metall.
Neben der Erhöhung der Einkommen soll mit den Metallarbeitgebern für alle IG Metall-Mitglieder ein „Recht auf kurze Vollzeit“ ausgehandelt werden. Für 24 Monate sollen Beschäftigte ihre Arbeitszeit auf bis zu 28 Stunden pro Woche herunterfahren und anschließend entscheiden können, ob sie in die reguläre Vollzeit zurückkehren oder weiter verkürzt arbeiten wollen. Für Beschäftigtengruppen wie Schichtarbeiter soll es zusätzliche Freischichten und einen Teil-Entgeltausgleich geben. Auch bei Erziehung bzw. Pflege soll es ergänzend zu den gesetzlichen Bestimmungen eine pauschalierte Ausgleichszahlung geben.
Bei der Arbeitszeit Terrain zurückgewinnen
„Mit dieser Forderung tragen wir dem Wunsch vieler KollegInnen Rechnung, Arbeit und Privatleben besser miteinander vereinbaren zu können. Gleichzeitig wollen wir wieder Terrain in der Arbeitszeitfrage zurückgewinnen“, sagte Damianos Koukoudeas, Betriebsratsvorsitzender der Firma Hesterberg und ehrenamtlicher 2. Bevollmächtigter.
Mit den Debatten in den bezirklichen Tarifkommissionen startete die IG Metall in dieser Woche in die Tarifrunde 2017/2018. Bader: „Angesichts der guten Wirtschaftsdaten besteht aus unserer Sicht kein Grund zur Zurückhaltung“. Alle führenden Wirtschaftsinstitute bestätigen: Die deutsche Wirtschaft steht gut da und wächst in diesem Jahr zum achten Mal in Folge. Das gilt auch für Metallindustrie: Seit 2016 nahmen Auftragseingänge, Umsatz und Produktivität deutlich zu. Die Umsatzrenditen erreichten den höchsten Stand seit der Wirtschaftskrise 2008.
Metallarbeitgeber: „Glatteiswarnung im Hochsommer“
Laut dem ifo-Geschäftsklimaindex, bei dem die Unternehmen ihre eigene Lage einschätzen, erwarten die Metallbetriebe, dass Produktion, Beschäftigung und die Exporte weiter steigen werden. Und dies zum Unmut von Gesamtmetall-Präsident Rainer Dulger, der mit dem „M+E Strukturbericht 2017“ eine düstere Wetterprognose in die Welt setzte. Sein Gejammer über gestiegene Arbeitskosten klingt jedoch wie eine „Glatteiswarnung im Hochsommer“.
Für die IG Metall Bevollmächtigte kein Grund von der bisherigen Formel für die Aufstellung der Tarifforderung abzuweichen: Zielinflationsrate der Europäischen Zentralbank von 2% plus mittelfristige gesamtwirtschaftliche Produktivität von 1,2% (verteilungsneutraler Spielraum) plus eine zusätzliche Umverteilungskomponente unter Berücksichtigung der Situation in der Metallbranche von bis zu 3%. Dies sei die Formel für einen guten Tarifabschluss. Hinzukommen müsse der Druck von gut organisierten Belegschaften aus den Betrieben. Bader: „Mobilisierung für die Tarifrunde und eine aktive Mitgliederwerbung sind zwei Seiten derselben Medaille in den kommenden Wochen“.
So geht’s weiter
Der weitere Fahrplan sieht vor: Der Vorstand der IG Metall gibt seine Forderungsempfehlung am 10. Oktober ab. Zwei Wochen später am 24. Oktober beschließen die Tarifkommissionen in den Bezirken, so auch in NRW, mit welcher Forderung sie endgültig in die Verhandlungen gehen werden, wiederum zwei Tage später legt der Vorstand die endgültige Forderung fest. Verhandelt wird erstmals im November 2017.
„Miteinander für Morgen“ – dafür stehen die MetallerInnen in der kommenden Tarifrunde – Foto: Thomas Range