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Mehrheit der Überstunden wird nicht bezahlt

Gevelsberg: 1,8 Milliarden Überstunden leisten ArbeitnehmerInnen in Deutschland – jedes Jahr. Umgerechnet entspricht das 45 Millionen 40-Stunden-Wochen. Das Problem: Die Mehrheit dieser Überstunden werden nicht bezahlt. Dadurch sind den Beschäftigten allein im letzten Jahr mehr als 20 Milliarden Euro Lohn und Gehalt entgangen, den sich die Arbeitgeber kostenlos eingesackt haben.

Fakt oder Fake?

In ihrer aktuellen Broschüre „Fakten statt Zerrbilder“ vom Juli 2017 antwortet die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) auf den Vorwurf der IG Metall, dass viele Überstunden verfallen würden, es habe seit Jahren einen deutlichen Rückgang der Überstunden in Deutschland gegeben. Doch der DGB-Faktencheck – auf der Basis der 2017er Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), auf die sich auch die BDA beruft – zeigt:

  • Von einem Sinkflug bei den Überstunden in Deutschland kann keine Rede sein.
  • Es zeigt sich ein anhaltend hohes Niveau an Überstunden.
  • In den letzten Jahren – seit 2013 – liegen Überstunden relativ stabil bei 1,8 Milliarden.
  • Die Mehrheit der Überstunden wird nicht bezahlt. 

 

Jährliches Überstundenvolumen


Arbeitgeber rechnen Zahlen klein

Das einzig Positive an der Entwicklung ist, dass die besonders hohe Zahl an unbezahlten Überstunden – von 2006 bis 2011 – in den letzten Jahren wieder leicht gesunken ist. Dennoch belegt die Übersicht ein kontinuierlich hohes Niveau seit dem Jahr 2000. In den letzten Jahren wurden jeweils eine knappe Milliarde Überstunden nicht bezahlt. Der Taschenspieler-Trick der Arbeitgeber: Die BDA nimmt als Vergleichsjahr aus den letzten 16 Jahren ausgerechnet das Jahr 2007, in dem die Belastung mit 1,25 Milliarden unbezahlten Stunden besonders hoch war. Außerdem rechnet die BDA das Gesamtvolumen auf die einzelnen Beschäftigten klein.

Damit steht fest:

Die Darstellung eines Sinkfluges bei den Überstunden ist eine offensichtlich bewusste Verharmlosung durch die BDA, auch mit Blick auf die beginnende Tarifbewegung in der Metall- und Elektroindustrie im Herbst 2017.

Legt man das vom Statistischen Bundesamt errechnete durchschnittliche Brutto-Monatseinkommen von 3.700 Euro bei Vollzeitbeschäftigten zugrunde, das einem Brutto-Stundenlohn von rund 23 Euro entspricht, so wurden den Beschäftigten allein im Jahr 2016 mehr als 20 Milliarden Euro an Entgelt vorenthalten – trotz zusätzlicher Arbeitsleistung. Ein prima Zusatzprofit für die Arbeitgeber.

Foto: Warnstreikende Metaller in Ennepetal 2016 – Foto: Thomas Range

 

 

 

 

 

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