
„Miteinander für 6 Prozent mehr Geld“ oder „Komm, wir holen uns die Zeit“ stand auf den großen Bannern, die die MetallerInnen auf ihrem Protestmarsch durch die Gevelsberger Innenstadt trugen. Zuvor waren die Beschäftigten in den Metallbetrieben dem Aufruf der IG Metall Gevelsberg-Hattingen zum Warnstreik gefolgt. „Alle Räder stehen still, wenn unser starker Arm es will“, brachte es der Betriebsratsvorsitzende von dormakaba, Jörg Kannapin, vor rund 1.600 Streikenden auf den Punkt.
Die Tarifauseinandersetzung in der Metall- und Elektroindustrie geht in die heiße Phase. „Mit den Warnstreiks wollen wir die „Veto-Haltung“ der Arbeitgeberseite brechen“, erklärte die Erste Bevollmächtigte Clarissa Bader auf dem Vendomer-Platz. Der Beifall zeigte: Die IG MetallerInnen aus 24 Betrieben sind kampfbereit. Während die Metallarbeitgeber über die „Maßlosigkeit der IG Metall“ klagen, zeigt die Stimmung auf dem Kundgebungsplatz: Die Zeit der Bescheidenheit ist vorbei.
Die gute konjunkturelle Lage mit überdurchschnittlichen Wachstumsraten und die vollen Auftragsbücher stärken den „selbstbewussten MetallerInnen“ den Rücken. „Wir wollen einen fairen Anteil und keine Almosen, deshalb sechs Prozent mehr Entgelt“, erklärte die Gewerkschafterin. Gute Entgelte hätten der Wirtschaft noch nie geschadet. Im Gegenteil: Einkommenssteigerungen und Beschäftigung sind die zentralen Motoren der Wirtschaft.
Die MetallerInnen auf dem Vendomer-Platz sind kampfbereit
„Das Leben ist kein Tempomat“
Das Leben sei kein „Tempomat“, so die IG Metall-Bevollmächtigte: „Deshalb brauchen wir Arbeitszeiten, die zum Leben passen.“ Deshalb fordere die IG Metall neben sechs Prozent mehr Lohn auch die Möglichkeit, die individuelle Arbeitszeit auf bis zu 28 Wochenstunden reduzieren zu können, mit dem Recht der Rückkehr auf Vollzeitbeschäftigung. Eltern von Kindern unter 14 Jahren, MetallerInnen mit pflegebedürftigen Angehörigen und Schichtarbeiter sollen einen finanziellen Zuschuss erhalten, um den Entgeltausfall teilweise kompensieren zu können. Besonders diese Forderung habe den Nerv der Arbeitgeber getroffen. Sie würden dagegen Sturm laufen.
Clarissa Bader hält es für „zynisch“, dass Gesamtmetall-Chef Dulger die Forderung nach individueller Arbeitszeitreduzierung einschließlich einer finanziellen Kompensation unter bestimmten Bedingungen als „Stilllegeprämie“ denunziert. „Wenn Beschäftigte sich um Kinder sorgen, wenn Beschäftigte Pflegeleistungen erbringen gegenüber Familienangehörigen oder wenn sie notwendigerweise ihre Gesundheit erhalten, weil Arbeitgeber sie in restriktive Schichtsysteme zwängen, dann geht es nicht um Stilllegeprämie, sondern dann geht es um Erhalt von Fachkräften, die dadurch auch weiter am Erwerbsleben in vollem Umfang teilhaben können“, rief Clarissa Bader unter dem Beifall der Protestierenden.
Kinder, Pflege, Gesundheit seien wichtige gesellschaftliche Aufgaben. Clarissa Bader sieht die Unternehmen deshalb in der Pflicht: „Gesundheitsprävention und Sorgearbeit löst die soziale Mitverantwortung der Arbeitgeber aus, denn Eigentum verpflichtet.“ Die arbeitenden Menschen hätten Respekt verdient und kein „zynisches Gequatsche“ von wegen „mehr Geld für nichts tun wird es mit uns nicht geben.“
Mehr Zeit für uns und 6 Prozent!
Arbeitgeber-Gejammer über Fachkräftemangel
Das Gejammere der Arbeitgeber die Forderung nach „kurzer Vollzeit“ verschärfe den Fachkräftemangel bezeichnete der Betriebsratsratsvorsitzende von dormakaba in Ennepetal als „absurd und töricht“. „Wenn es denn einen Fachkräftemangel gibt, wie die Arbeitgeber behaupten, dann ist er selbst verschuldet“, sagte Jörg Kannapin, der die Unternehmer in der Pflicht sieht: Mehr ausbilden, statt die Ausbildung nach unten fahren. Auszubildende nach erfolgreichem Abschluss in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernehmen. Arbeitszeiten schaffen, damit junge Familien Leben und Arbeit vereinbaren können. Kannapin: „Wer Fachkräfte gewinnen und binden will, muss ihnen Arbeitszeiten anbieten, die zu ihrem Leben passen.“
„Lohnangebot eine „Provokation“
Mit dem sogenannten „Lohnangebot von zwei Prozent plus eine Einmalzahlung der Arbeitgeber“ setzte sich Willi Herold, Betriebsratsmitglied von Köppern (Hattingen), auseinander. Das sei kein Angebot, sondern „eine Provokation“. Denn sie wollen die 2 Prozent nur geben, „wenn wir noch flexibler, noch länger und ohne Zuschläge für Mehrarbeit malochen“. „Glauben die denn allen ernstes, wir stellen uns hier in die Kälte, um uns so eine Sch… anbieten zu lassen“, rief Willi Herold zornig den Warnstreikenden zu, die mit einem gellenden Pfeifkonzert antworteten, jedoch Beifall zollten als er formulierte: „Wir lassen uns nicht abspeisen, nicht einschüchtern und schon gar nicht erpressen. Wir sind kampfbereit!“
„Wenn sie sich nicht bewegen, müssen wir noch eine Schippe drauflegen.“
Die Erste Bevollmächtigte Clarissa Bader forderte zum Abschluss der IG Metall-Kundgebung die Metallarbeitgeber auf, statt auf „Nebenkriegsschauplätzen Blendgranaten zu zünden“, sprich zu versuchen, mit einem „juristischen Gefälligkeitsgutachten“ die Forderung nach Teilentgeltausgleich für die kurze Vollzeit als „rechtswidrig“ zu charakterisieren, sich am Verhandlungstisch zu bewegen und endlich ernsthaft zu verhandeln. Clarissa Bader „Wenn sie sich in der 3. Tarifverhandlung in NRW am 19. Januar 2018 nicht bewegen, müssen wir noch eine Schippe drauflegen.“
Klare Sache – 6 Prozent mehr Geld!
Foto 1: Hunderte MetallerInnen legten die Arbeit nieder und demonstrierten gemeinsam durch Gevelsberg
Foto 2: Die MetallerInnen auf dem Vendomer-Platz sind kampfbereit
Foto 3: Mehr Zeit für uns und 6 Prozent – alle Fotos IGM G-H