„Nicht spalten lassen – gemeinsam kämpfen!“

Gevelsberg. „Wir dürfen uns nicht spalten lassen. Wir müssen jetzt gemeinsam kämpfen.“ Wie ein roter Faden zog sich dieser Appell durch alle Reden und Diskussionsbeiträge in der Betriebsversammlung. Schon der gemeinsame „Spaziergang“ der Jeco’ aner zur Aula der Realschule „Alte Geer“ gestaltete sich kämpferisch. Vorneweg trugen Kollegen das Transparent, das seit Mitte März vorm Betrieb der Gevelsberger Bevölkerung signalisiert: „Gemeinsam für den Erhalt des Standortes.“ Mit Trillerpfeifen machten die Beschäftigten unterwegs lautstark auf sich aufmerksam.
Betriebsratsvorsitzender Michael Jaenecke wies in seinem Tätigkeitsbericht akribisch nach, wie die Beschäftigten und ihre Interessenvertretung schon Monate vor dem „Schwarzen Freitag“ Ende Februar hintergangen worden sind. Personal wurde schleichend abgebaut. Maschinen an andere Standorte verlagert. Fragen im Wirtschaftsausschuss blieben unbeantwortet. Und um alle in Sicherheit zu wiegen, hätte der Geschäftsführer Burkard Rausch auf der Weihnachtsfeier „großzügig“ von sich gegeben: „Es wird für alle ruhiger im neuen Jahr!“
„Keiner von uns hätte je daran gedacht, dass er damit die Grabesruhe für unseren Standort gemeint hat“, empörte sich Michael Jaenecke. Gemeinsam mit der IG Metall und Rechtsanwalt Lutz Ellinghaus hatte der Betriebsrat zu Beginn des Jahres den Druck auf die Arbeitgeberseite erhöht. Schließlich seien sei alle von der Hiobsbotschaft der Arbeitsplatzvernichtung überrumpelt worden. Mit Beifall unterstrichen die Kolleginnen und Kollegen im Saal seine Feststellung: „Ich weiß für was wir kämpfen und hoffe, dass ihr euren Betriebsrat dabei unterstützt.“
Im Anschluss berichtete Julian Giersch, von der arbeitnehmernahen Beratungsgesellschaft PROJECT CONSULT (Essen) über ihre Arbeitsschritte in den vergangenen Wochen: Erstellung von detaillierten Fragekatalogen zur wirtschaftliche Lage des Unternehmens, sowie deren Erörterung mit der Geschäftsführung, Durchführung von Workshops mit dem Betriebsrat und der IG Metall.
„Unsere Erkenntnis ist, dass Jeco in den vergangenen drei Jahren sowohl die Umsatzerlöse wie den operativen Gewinn und die Jahresleistung steigern konnte.“ Es gebe einen deutlichen Aufwärtstrend, umso unverständlicher sei deshalb die geplante Schließung des Werkes. Die Ergebnisse von PCG würden belegen, dass es sich lohne für Alternativen zum radikalen Arbeitsplatzabbau einzutreten.
Für Clarissa Bader, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Gevelsberg-Hattingen, eine klare Vorlage: Sie setzte sich entschieden mit dem „dilettantischen, unsensiblen Verhalten“ der Geschäftsführung auseinander, deren Aufgabe es sei, „einen von langer Hand vorbereiteten Beschluss des spanischen Eigentümers in Gevelsberg zu vollstrecken.“ In der Aula wurden Rufe laut, wie: „Das sind doch nur Sprachrohre der Spanier“, die viel Zustimmung auslösten.
Auf die weiteren Schritte eingehend, erläuterte die IG Metall-Bevollmächtigte, dass in der übernächsten Woche Betriebsrat, IG Metall und PCG der Geschäftsführung „Eckpunkte für ein Alternativ-Konzept zur Schließung“ vorstellen wollen. Der weitere Weg werde nicht einfacher. „Wir werden kämpfen bis zum Schluss“, sagte Bader und fügte hinzu „doch das geht nur mit euch gemeinsam“, was von den ZuhörerInnen mit langem Applaus bestätigt wurde.
In der anschließenden Aussprache kam immer wieder zum Ausdruck, dass der 130 Jahre alte Betrieb „systematisch an die Wand gefahren“ worden sei. Die Kosten seien durch Outsourcing von Jeco-Teilen zu Fremdfertigern nach oben getrieben worden, vor allem durch die danach notwendig gewordenen Nacharbeiten im Betrieb. Durch fehlenden Stahl wären in der Schmiede teure Produktionsstillstände herbeigeführt worden.
Stattdessen habe Burkhard Rausch die Beschäftigten für die Kosten verantwortlich gemacht, wegen mangelnder Leistung und erhöhten Krankenständen. Für viele der Anwesenden „eine Marionette der Spanier“, die im Hintergrund die Fäden ziehen und für Jeco bestimmte Produkte an andere Standorte des Konzern verschieben würden.
Auch Fragen zum Kündigungsverfahren, Kündigungszeiten, Interessenausgleich und Sozialplan wurden in der Aussprache aufgeworfen. Ganz zum Schluss stellte ein Kollege unüberhörbar die Frage: „Wann streiken wir?“ Erst war Ruhe. Dann kam Beifall auf. Wie die Frage beantwortet wird, blieb in der „unterbrochenen“ Betriebsversammlung offen. Eine mögliche Antwort hängt wohl in den kommenden Wochen entscheidend vom Verhalten der Geschäftsführung und der spanischen Anteilseigner ab.
Foto 1: Von Jeco „spazieren“ die Beschäftigten zur Betriebsversammlung
Foto 2: Auf dem Weg zur Realschule „Alte Geer“
Foto 3: Vor der Aula
Foto 4: Aufmerksame Zuhörer in der Betriebsversammlung von Jeco
Alle Fotos: IGM-GH