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„Pilot-Tarifabschluss in der Metall- und Elektroindustrie“

8,5 Prozent + 3000 Euro Inflationsprämie – in zwei Stufen

IG Metall und Metallarbeitgeber im Südwesten haben sich nach einem 11-stündigen Verhandlungsmarathon in der Barockstadt Ludwigsburg in der Nacht auf Freitag auf einen Pilotabschluss in der Metall – und Elektroindustrie geeinigt. Demnach steigen die Entgelte für die Beschäftigten ab 1. Juni 2023 um 5,2 Prozent, ab dem 1. Mai 2024 um weitere 3,3 Prozent. Zudem erhalten die Beschäftigten eine steuerfreie Inflationsprämie in Höhe von 3000 Euro.

Zu Beginn des Jahres 2023 gibt es die erste Stufe der Inflationsausgleichsprämie von 1500 Euro netto (Auszubildende 550 Euro), zahlbar bis Ende Februar. Anfang 2024 erhalten die Beschäftigten die zweite Stufe der Inflationsausgleichsprämie in Höhe von weiteren 1500 Euro (Auszubildende 550 Euro). Die 24-monatige Laufzeit endet am 30. September 2024. Die Bundesregierung stellt die Sonderzahlung von 3000 Euro steuer- und sozialabgabenfrei. Damit kommt netto mehr Geld bei den Beschäftigten an.

Pilotabschluss soll auf andere Tarifgebiete übertragen werden

„Damit liegt ein sehr akzeptabler Abschluss auf dem Tisch. Unsere Mitglieder bekommen nun endlich die dauerhafte prozentuale Entgelterhöhung, die ihnen zusteht“, sagt die 1. Bevollmächtigte Clarissa Bader, die davon ausgeht, dass der Tarifabschluss auf Nordrhein-Westfalen übertragen wird. Das Abkommen soll nach der Übernahme durch die anderen Tarifgebiete für annähernd vier Millionen Beschäftigte gelten, so die Empfehlung des Vorstandes der IG Metall.

„Gemeinsam mit der Inflationsprämie konnte ein Gesamtpaket durchgesetzt werden, das hilft, die Belastungen abzufedern und die Kaufkraft zu stärken. Insbesondere die unteren Entgeltgruppen profitieren überproportional von dem Ergebnis“, so der baden-württembergische IG Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger. Sein Tarifkontrahent

Südwestmetall-Verhandlungsführer Harald Marquardt sprach von einem aus seiner Sicht „schmerzhaften Kompromiss“. Er sei nur akzeptabel, weil er auch Entlastungsmöglichkeiten für Firmen in schwieriger Lage enthalte und es Planungssicherheit bis weit in das Jahr 2024 hinein gebe. IG Metall-Vorsitzender Jörg Hofmann erklärte: In einer „äußerst herausfordernden Zeit“ sei es gelungen, „die Beschäftigten spürbar zu entlasten, Einkommen nachhaltig zu stabilisieren und die Kaufkraft zu stärken.“ Inklusive der steuerfreien Einmalzahlung von 3000 Euro erhalte ein/e Facharbeiter/in so über die Laufzeit rund 7000 Euro mehr. Das erzielte Tarifergebnis stütze die Konjunktur in Deutschland. 

Bild: IG Metall – Julian Rettig

Das Tarifergebnis in Baden-Württemberg im Detail:

Entgelt
Die Entgelte steigen ab 1. Juni 2023 um 5,2 Prozent und ab 1. Mai 2024 um weitere 3,3 Prozent. Um der Preissteigerung entgegenzuwirken, gibt es eine Inflationsprämie in Höhe von 3000 Euro. Diese wird in zwei Schritten ausbezahlt: 1500 Euro im Januar 2023, sowie weitere 1500 Euro im Januar 2024. Auszubildende erhalten 1100 Euro, 550 Euro im Januar 2023 und weitere 550 Euro im Januar 2024.

Differenzierung
Im Vorfeld der fünften Verhandlungsrunde hatten die Arbeitgeber auf eine Variabilisierung der Sonderzahlung sowie eine automatische Differenzierung gedrungen, wonach Unternehmen in wirtschaftlichen Nöten ohne weitere Verhandlungen entlastet werden sollten. Erreicht wurde dies nur begrenzt: So können die Betriebsparteien per freiwilliger Betriebsvereinbarung die Auszahlung der Inflationsausgleichsprämie um bis zu 6 Monate nach hinten verschieben. Eine frühere Auszahlung ist jederzeit möglich. Es müssen jedoch mindestens 750 Euro im Januar 2023 ausbezahlt werden.

Das Transformationsgeld das es seit 2018 gibt und Ende Februar zur Auszahlung kommt wird nicht wie ursprünglich vereinbart erhöht, sondern bleibt bei 18,4%. Dafür wird der T-ZUG B dauerhaft von 12,3 auf 18,5% erhöht. Dieser Teil kann automatisch differenziert werden, wenn ein Unternehmen nachweislich in wirtschaftlichen Schwierigkeit ist und bestimmte Kennzahlen nicht erreicht.

Weitere Vereinbarungen
Für den Fall einer Energienotlage (sog. Energienotfallklausel). haben sich die Tarifparteien auf einen Prozess verständigt, der sicherstellt, dass jederzeit flexibel während der Laufzeit des Tarifvertrags darauf reagiert werden kann.

Enormer betrieblicher und öffentlicher Druck
Die Tarifverhandlungen waren angesichts hoher Inflation und trüber Wirtschaftslage in der mit rund 3,9 Millionen Beschäftigten größten deutschen Industrie hart. Die IG Metall hatte im Sommer eine Erhöhung um acht Prozent bei zwölf Monaten Laufzeit gefordert. Sie begründete das mit dem Kaufkraftverlust durch die bei mittlerweile zehn Prozent liegende Inflationsrate. Doch während die Teuerungsrate langsam auf zehn Prozent kletterte, gingen die Arbeitgeber lange nicht auf die Forderung ein. Schließlich boten die Arbeitgeber die 3000 Euro Pauschale über 30 Monate Laufzeit an. Auf eine prozentuale Erhöhung wollten sie sich nur einlassen, wenn die Gewerkschaft zu einer langen Laufzeit bereit wäre. Sie verwiesen auf die unsichere Lage der Firmen und die massiv gestiegene Energiepreise seit dem russischen Überfall auf die Ukraine. Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf erhitzte wochenlang die Gemüter: Mit seiner Forderung nach längeren Arbeitszeiten. Und der Position, unter bestimmten Umständen brauche es sogar eine Nullrunde bei den Löhnen sowie der Aufforderung an die Beschäftigten, angesichts der teuren Energie „halt dicke Pullover anzuziehen“.

Möglich wurde der Abschluss erst durch den enormen Druck der Beschäftigten aus den Betrieben. Rund 900.000 Metaller*innen haben in den vergangenen drei Wochen die Forderung der IG Metall bundesweit mit Warnstreiks, Kundgebungen, Demozügen, Menschenketten und Autokorsos unterstützt, davon alleine fast 130.000 Kolleginnen und Kollegen aus 1100 Betrieben in NRW. So auch im Bereich der IG Metall Ennepe-Ruhr-Wupper: Mit zwei großen Kundgebungen in Gevelsberg und Wuppertal, weiteren betrieblichen Warnstreiks in dieser Woche bei Vorwerk und Robert Schröder in Wuppertal, bei Wengeler & Kalthoff in Herbede und ZF in Witten sowie Frühschlussaktionen in weiteren 8 Betrieben.

Die ersten Rückmeldungen aus den Betrieben und in der Tarifkommission NRW sind überwiegend positiv, natürlich ist allen Kolleginnen und Kollegen klar, dass ein solcher Abschluss immer ein Kompromiss ist, aber der kann sich unter diesen Rahmenbedingungen sehen lassen.

DANKE an ALLE die sich an den Warnstreiks und Aktionen beteiligt haben!!!

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