Rechtstipp Abmahnung: Verfehlungen müssen konkret benannt werden

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden: Eine zu Unrecht erfolgte Abmahnung ist aus der Personalakte des/der Arbeitnehmers/in zu streichen. Nun hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern einige Fragen der Beweislast konkretisiert.
Analog der Paragrafen 242, 1004 Absatz 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) können Arbeitnehmer*innen die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus ihrer Personalakte verlangen, unter anderem, wenn die Abmahnung inhaltlich unbestimmt ist oder sie unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält.
Worum ging es?
Einer Beschäftigten in einem Unternehmen, das mehrere Autohäuser betreibt, waren, hatte der Arbeitgebers vorgeworfen, ihr sei in drei Fällen Bedienungsfehler beim Bestellsystem für Neufahrzeuge unterlaufen, die zu Vermögensfehler geführt hätten. Die beiden letzten Vorfälle wurden weder inhaltlich noch zeitlich konkretisiert.
Das Gericht urteilte
Entscheidend für den Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte ist das Persönlichkeitsrecht des/der Arbeitnehmers/in, das der Arbeitgeber zu beachten hat. Durch unrichtige, sein berufliches Fortkommen berührende Tatsachenbehauptungen, wird dieses Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt, weswegen eine entsprechende Abmahnung in entsprechender Anwendung der Paragrafen 242, 1004 BGB einen objektiv rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers darstellt – und die Abmahnung zu beseitigen ist. Laut LAG Mecklenburg-Vorpommern ist dies hier bei allen drei ausgesprochenen Abmahnungen der Fall.
Die Richter stellen zum einen in den Raum, dass die Abmahnungen nicht den Vorgaben entsprechen, die an die sogenannte kündigungsrechtliche Warnfunktion zu stellen sind. Der Arbeitgeber muss mit der Abmahnung klar zum Ausdruck bringen, dass das abgemahnte Verhalten im Wiederholungsfall die Kündigung nach sich ziehen wird.
Doch selbst bei Einhaltung der Warnfunktion sind die Abmahnungen nicht wirksam: Entscheidend für das LAG ist die Tatsache, dass es dem Arbeitgeber nicht gelungen ist aufzuzeigen, dass die von der Beschäftigten angeblich begangenen Fehler tatsächlich aufgetreten sind. Soweit die gekündigte Arbeitnehmerin den Vortrag des Arbeitgebers zu den Abmahnungssachverhalten berechtigterweise mit Nichtwissen bestreite, müsse der Arbeitgeber in Erfüllung seiner Beweislast, die Vorwürfe soweit konkretisieren, dass der im Raum stehende Fehler nachgewiesen werden kann. Dazu hätte gehört, den streitigen Geschäftsvorfall näher darzulegen und, soweit er aktenkundig geworden ist, dazu passende Unterlagen vorzulegen.
Dazu hätte in einem zweiten Schritt auch gehört, dem Gericht und der Klägerin gegenüber plausibel zu machen, weshalb der aufgetretene Fehler auf ein Versagen der Betroffenen zurückzuführen ist. Weder das eine noch das andere hat die Beklagte getan, obwohl bereits die Vorinstanz genau dies eingefordert hatte.
Betriebsräte sollten beachten
Abmahnung enthalten häufig Fehler, die dafür sorgen, dass diese von Gerichten gekippt werden und der Eintrag aus der Personalakte entfernt werden muss. Daher sollte jede Abmahnung genau geprüft werden, etwa – wie im Fall – darauf, ob die Warnfunktion erfüllt ist und es sich (bei mehreren Abmahnungen) auch um unterschiedliche Sachverhalte handelt.
Es muss geprüft werden, wie konkret der Arbeitgeber die beanstandeten Verfehlungen benennt. Der vom LAG entschiedene Fall zeigt. Je unkonkreter, desto besser kann das für die Erfolgsaussichten des/der Arbeitnehmers/in sein. (Unter Verwendung eines Textes des Bund-Verlages.)
Quelle: LAG Mecklenburg-Vorpommern (11.02.2020), Aktenzeichen 2 Sa 133/19