Rente: Riskante Anlagen? Nein, danke!

Hans-Jürgen Urban fordert neue „Soli-Rente-Plus“
Angesichts steigender Lebenshaltungskosten blicken die Beschäftigten mit Sorgen auf ihre Alterssicherung. Die Menschen sind insbesondere privater Extravorsorge und spekulativen, risikoreichen Anlageformen gegenüber skeptisch eingestellt. So die Ergebnisse einer aktuellen und repräsentativen Kantar-Befragung (1), die die IG Metall auf ihrer rentenpolitischen Tagung jüngst in Berlin präsentierte. „In unsicheren Zeiten zählt für die Menschen Sicherheit – gerade bei der Altersvorsorge. Mit risikoreicheren Anlageformen und Staatsfonds-Ideen die gescheiterte Privatvorsorge beleben zu wollen, führt weiter rein und nicht raus aus der Sackgasse“, sagte Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall. Die Debatte um eine weitere Anhebung der Regelaltersgrenzen könne schnell zum Brandbeschleuniger für Politikverdrossenheit werden.
Die Umfrage ergab: Eine ausreichende private Altersvorsorge kann sich allenfalls eine Minderheit leisten. 48 Prozent der Befragten legen monatlich kaum etwas oder nichts fürs Alter zur Seite: Jede/r siebte Befragte (13 %) spart weniger als 5 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens, mehr als jede/r Dritte (35 %) gar nichts. Noch prekärer sieht es unter den Geringverdienenden mit einem Nettoeinkommen unter 1500 Euro im Monat aus: Hier sparen 61 Prozent der Befragten gar nichts und nur jede/r Zehnte (10 %) weniger als 5 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens.
Riskante Anlagen? Nein, danke!
Die aktuell steigenden Lebenshaltungskosten belasten persönliche Sparpläne noch zusätzlich: Zwei Drittel (64 %) der Befragten sagen, dass sie ihr Sparverhalten nicht ändern werden bzw. können. 12 Prozent werden allgemein sogar weniger sparen. Auf Ablehnung der Befragten stoßen vor allem risikoreiche, spekulative Anlageformen: Für 90 Prozent sind vor allem Sicherheit und Planbarkeit bei der Altersvorsorge wichtig. Nur 7 Prozent würden auf höhere Rendite bei einem größeren Risiko spekulieren.
Urban: „Nach den Erfahrungen der Finanzkrisen sind die Menschen zurecht skeptisch: gegenüber immer neuen Versprechen, mit mehr Risiko die Rendite ihrer Altersvorsorge zu erhöhen. Die sicherste Rendite hat allen Unkenrufen zum Trotz noch immer die umlagefinanzierte, gesetzliche Rente.“ Der IG Metall-Vorschlag einer „Erwerbstätigenversicherung stößt dagegen auf Zustimmung: Mehr als drei Viertel (77 %) halten es für sinnvoll, dass die Politik auch Freiberufler, Selbstständige und Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung mit aufnimmt.
Ins Zentrum einer Solidarreform gehört, so die Forderung der IG Metall, die Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung. Mit einer „Soli-Rente-Plus“ macht die Gewerkschaft einen Vorschlag für einen neuen, sicheren Rentenbaustein. Damit sollen mehr Versicherte und ihre Arbeitgeber bessere Möglichkeiten bekommen, zusätzlich in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen und damit höhere Ansprüche zu erwerben.
Nein – zur längeren Lebensarbeitszeit
Die im Sommer von den Arbeitgebern losgetretene Diskussion über ein noch späteres Renteneintrittsalter stößt auf Ablehnung der Betroffenen: Drei Viertel (74 %) der Menschen halten es für unrealistisch, über das 67. Lebensjahr hinauszuarbeiten. Je niedriger die formale Bildung, desto unwahrscheinlicher ist ein längeres Arbeitsleben: Von den Befragten mit nur einem Hauptschulabschluss können sich nur 9 Prozent vorstellen, länger zu arbeiten.
Fakt ist: Ein höheres Renteneintrittsalter bedeutet faktisch nur höhere Abschläge bei der gesetzlichen Rente. Wer an der Altersschraube drehen will, ist in Wahrheit nur ein Renten-Räuber.
Wie geht es mit der Rente weiter?
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat noch für dieses Jahr ein „Rentenpaket 2“ angekündigt. Damit will er das Rentenniveau bei mindestens 48 Prozent sichern. Wie die Pläne des Ministers konkret aussehen werden ist offen. Heil will außerdem Vorschläge zum Aufbau eines Kapitalstocks machen, der die Rentenversicherung stabilisieren soll. Das haben SPD, Grünen und FDP in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. Die IG Metall sieht den Einstieg in eine kapitalgedeckte Altersvorsorge jedoch kritisch. Denn die Kapitaldeckung holt die Unwägbarkeiten der Finanzmärkte ins gesetzliche Rentensystem. Dagegen fordert die IG Metall: Umbau der Rentenversicherung zu einer solidarischen Versicherung für alle Erwerbstätigen.
Anmerkungen
(1) Kantar Public befragte im Auftrag der IG Metall in einer repräsentativen Zufallsstichprobe 1028 Wahlberechtigte im Zeitraum zwischen dem 22. und 28. September 2022.