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Solidarität

Ennepetal. „Vorwärts, und nie vergessen. Die Solidarität!“, heißt es im „Solidaritätslied“ des Schriftstellers Bert Brecht. Die Beschäftigten der Gesenkschmiede GHV in Ennepetal unterhalb der Haspertalsperre haben vor kurzem ganz praktisch gezeigt, dass sie nicht vergessen haben wie wichtig die gegenseitige Unterstützung, das Eintreten für einen in Not geratenen Kollegen ist.

Ein Kollege von ihnen, ein Dreher, traf ein schwerer Schicksalsschlag. Plötzlich ist seine Ehefrau und Mutter ihrer gemeinsamen siebenjährigen Tochter verstorben. Zur Erledigung der damit verbundenen schwierigen Angelegenheiten sieht der Manteltarifvertrag (EMTV) der IG Metall vor, dass dem/der Arbeitnehmer/in „beim Tod des mit dem/der Beschäftigten…in häuslicher Gemeinschaft lebenden Ehegatten“ drei bezahlte freie Arbeitstage zustehen. Soweit so gut, wäre da nicht der Zusatz „in häuslicher Gemeinschaft lebenden Ehegatten“. Wegen diesem Halbsatz verweigerte der Geschäftsführer der GHV Gesenkschmiede dem Kollegen den tariflichen Anspruch, da er und seine Frau getrennt lebten.

Seine Kollegen ließen es nicht bei ihrem Unmut über diese „kalte und bürokratische“ Auslegung des Tarifvertrages und geringe Wertschätzung der Arbeit des Kollegen, der seit zehn Jahren für die Firma malocht. Sie handelten, wie es in dem Brecht’schen Lied weiter heißt: „Wer im Stich lässt seinesgleichen, lässt ja nur sich selbst im Stich.“ Schließlich entstand im kleinen Kreis – am Rande eines Sommerfestes – die Idee: Alle Kolleginnen und Kollegen im Betrieb anzusprechen, ob sie bereit sind, aus ihrem Arbeitszeitvolumen „eine Stunde für den Kollegen“ zu spenden. Gesagt, getan.

Die Initiatoren stießen im Betrieb und Büros auf offene Ohren und große Hilfsbereitschaft – 95 Prozent der 63-köpfigen Belegschaft zeigten sich solidarisch und gaben eine Stunde in einen Topf für ihren Dreher-Kollegen. Damit erteilten sie dem Geschäftsführer zugleich eine Lektion in Sachen „Menschlichkeit“.

„Für alle war es sehr bewegend, als sich der Kollege in der Betriebsversammlung für die Unterstützung bedankte,“ sagt der Betriebsratsvorsitzende Klaus Gertzen. Vor allem als er noch einen kurzen Video-Film mit seiner siebenjährigen Tochter zeigte. Ein Beispiel das Schule machen, aber auch „kaltherzige Geizkragen“ auf der Arbeitgeberseite zum Nachdenken und anregen sollte.

Foto: GHV’ler beim Warnstreik in 2015 vorm Tor – Foto: IGM GH-Archiv

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