
Düsseldorf. Welche Tarifforderungen soll die IG Metall in der nordwestdeutschen Stahlindustrie erheben? Darüber sollen jetzt die IG Metall-Mitglieder in den Stahl-Betrieben diskutieren. Den Startschuss dafür gab die Tarifkommission: Sie hat einstimmig die Kündigung der Entgelttarifverträge zum 31. Oktober beschlossen.
Die Produktionsanlagen der Stahlindustrie sind gut ausgelastet. Dennoch sei die Ertragslage schlecht. Ein Grund dafür sei „der Preisdruck auf den Stahlmärkten“, erklärte der Tarif-Experte Uwe Fink aus der Zentrale in Frankfurt. Andererseits führten sinkende Rohstoffpreise „zu deutlichen Kostenentlastungen bei den Stahlherstellern“. Da jedoch die Lagerbestände gering sind und die wichtigsten Abnehmerbranchen – Automobil- und Maschinenbau sowie Bauindustrie – mit einem Auftragswachstum rechnen, erwartet Fink für 2015 und 2016 eine weitere Steigerung der Stahlproduktion.
Der Wirtschaftsverband der europäischen Eisen- und Stahlindustrie, Eurofer, gehe von einer Steigerung des Stahlverbrauchs in Europa von 2 Prozent in diesem, und 2,6 Prozent im nächsten Jahr aus. Die Wirtschaftsvereinigung Stahl prognostiziert für 2015 eine Steigerung der Rohstahlproduktion um 1 Prozent aus und für das zweite Halbjahr 2015 „eine moderat positive Stahlkonjunktur.“ Laut den Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute wird die Gesamtwirtschaft 2015 um 1,8 bis 2,0 Prozent und 2016 um 1,7 bis 2,2 Prozent wachsen.
Der Verlust von Marktanteilen sei auf unterlassene Investitionen, aber auch auf Fehlinvestitionen zurück zu führen kritisierten in der Aussprache Diskussion Mitglieder der Tarifkommission. Den Stahlunternehmen bereiteten nicht nur die niedrigen Stahlpreise Probleme, sondern auch unerwarteten Produktionsausfälle, die ihre Ursache in der verringerten Wartung der Anlagen hätten.
Knut Giesler, IG Metall-Bezirksleiter für NRW und Verhandlungsführer, beschrieb die wirtschaftliche Situation der Stahlindustrie als „sehr heterogen“. Diese Unterschiede müsse die IG Metall in der Tarifrunde berücksichtigen. Bei ersten Rückmeldungen aus den Betrieben zeichne sich die Tendenz ab, nur Entgeltforderung aufzustellen, sagte Giesler. Das Thema Altersteilzeit sei gesetzt, weil der Tarifvertrag auslaufe. Dasselbe gelte für den Tarifvertrag Werkverträge.
Überlegt werden sollte, ob die unbefristete Übernahme des Tarifvertrags Beschäftigungssicherung um ein Jahr verschoben werden kann. Die Entgeltforderung, die sich aus Produktivitäts- plus Preissteigerungsrate und der Umverteilungskomponente zusammensetzt, solle sich an den wirtschaftlichen Eckdaten für 2016 orientieren. Der verteilungsneutrale Spielraum betrage voraussichtlich 2,5 bis 3,0 Prozent.
Nachdem die Entgelttarifverträge gekündigt sind, seien nun die Mitglieder in den Stahlbetrieben gefordert, Struktur und Volumen der Tarifforderungen für 2015 zu diskutieren. In der nächsten Zusammenkunft am 2. Oktober werde die Tarifkommission die Forderung beschließen, die nach Genehmigung durch den Vorstand der IG Metall den Arbeitgebern übermittelt wird. In der letzten Oktoberwoche findet – so die zeitliche Planung – die erste Verhandlung mit den Stahl-Arbeit-gebern statt.
Metaller demonstrieren in Gevelsberg – Foto: IGM GH-Archiv