Standort in Hattingen gesichert

Hattingen. Anfang August hat die Vollmann-Gruppe Gevelsberg das Unternehmen AZ Zubehör an der Ruhrallee in Hattingen übernommen. Das Amtsgericht Essen hob nach Erreichung der „Sanierungsziele“ das Insolvenzverfahren auf. „Zuvor stimmte der Gläubigerausschuss dem eingereichten Sanierungs- und Insolvenzplan zu“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Bernd Rosien, der die Arbeitnehmer in diesem Ausschuss vertreten hatte.
Das Unternehmen, das zur Unternehmensgruppe Altenloh, Brinck & Co. (ABC) in Ennepetal gehörte, musste im November 2016 Insolvenz anmelden, da massive Unregelmäßigkeiten zur „finanziellen Schieflage“ geführt hatten. Offenkundig wurde die wirtschaftliche Situation nach dem Freitod des ehemaligen Geschäftsführers Lampe im Frühsommer 2016. Bei der Prüfung kam u.a. heraus, dass Anlagen und Vorräte zu hoch bewertet und der Ergebnisausweis der Firma manipuliert worden sind, um die tatsächliche Geschäftsentwicklung nach innen und außen zu verschleiern.
Mit „Planinsolvenz“ Fortführung gesichert
Der Automobilzulieferer AZ Zubehör im Gewerbepark Henrichshütte produziert unter anderem Sicherheitsteile für Lkw-Scheibenbremsen sowie Zubehörteile für Daimler, Opel und VW.
„Mit dem Instrument der Planinsolvenz wurde die Fortführung der Produktion zunächst einmal gesichert, um Zeit für eine Neuausrichtung zu gewinnen“, so Gewerkschaftssekretär Sven Berg, der das Betriebsratsgremium bei seinen Bemühungen um den Erhalt des Standortes und der Arbeitsplätze unterstützte. Einen wesentlichen Beitrag dazu habe zweifelsohne die Verlässlichkeit der Kunden Daimler, BMW, Brose und Knorr-Bremse mit ihren Aufträgen geleistet.
Während Betriebsrat und IG Metall eine Fortführung des neu ausgerichteten Betriebes unter dem Dach der ABC-Holding favorisierten, konzentrierte sich die Anwaltskanzlei RSW Runkel Schneider Weber in Wuppertal bei der Erstellung des Sanierungs- und Insolvenzplans auf die Suche nach einem neuen Investor. Im Frühjahr konnten zwei wichtige Weichen gestellt werden: Einerseits kam es zur Unterzeichnung eines verbindlichen Vorvertrages mit einem „strategischen Investor“ zur Übernahme des Unternehmens und zum anderen wurde zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat ein Interessenausgleich und Sozialplan abgeschlossen.
Von den 135 Beschäftigten mussten 46, darunter alle die einen befristeten Arbeitsvertrag hatten, gehen. „Die KollegInnen, die nicht weiterbeschäftigt werden konnten, wechselten bis auf wenige Ausnahmen in eine „Transfergesellschaft“ der GeBeWe“, schildert Bernd Rosien die schwierige Situation in der sich das Betriebsratsgremium zu diesem Zeitpunkt befand: „Schließlich kennt man bei dieser Betriebsgröße jeden Betroffenen und zum Teil sogar seine familiäre Situation.“
Vollmann-Gruppe neuer Anteilseigner
Der neue Anteilseigner ist die Gevelsberger Vollmann-Gruppe, die von rund 800 Beschäftigten an fünf Standorten in Deutschland und einem in Klášterec nad Ohří (Tschechien) produzieren lässt. Gemeinsam mit dem Umsatz der AZ (17 Millionen Euro) beträgt der Jahresumsatz der Vollmann-Gruppe mehr als 130 Millionen Euro, schreibt die WAZ Hattingen. In einer Informationsveranstaltung in der vergangenen Woche wurden die Beschäftigten darüber informiert, dass Thomas Erdelt, COO der Vollmann-Group, künftig auch die Funktion des Geschäftsführers bei AZ Zubehör ausüben und der bisherige Geschäftsführer Thomas Ostkamp die Betriebsleitung übernehmen werde.
Auf der Internetseite der Vollmann-Group ist zu lesen: „Zufriedene Mitarbeiter sind der Weg zu persönlichem Engagement, Leistungsbereitschaft, Eigenverantwortlichkeit und zur Betriebsverbundenheit“. Ob diese Zufriedenheit allerdings gefördert wird, in dem vor der endgültigen Übernahme von den Hattinger Beschäftigten die Zustimmung zum Verzicht auf das Weihnachtsgeld erwartet wurde, ist mehr als fraglich. Die individuelle Zustimmung vieler KollegInnen zum „Verzicht“ kam nur unter dem „Damoklesschwert Arbeitsplatzangst“ zustande kam, ist der Betriebsrat überzeugt.
Engagement hat sich gelohnt
„Wir haben schwierige neun Monate durchgestanden“, erklärt Bernd Rosien: „Unser Engagement hat sich gelohnt“. Das sei nur möglich gewesen, weil das Betriebsratsgremium „den Rückhalt in der Belegschaft“ und „die Unterstützung unserer IG Metall“ sowie die „fachkompetente Hilfe durch arbeitnehmernahe Berater“ wie Rolf Plake und Julian Giersch von der PCG in Essen sowie von Rechtsanwalt Lutz Ellinghaus hatten. Rosien: „Auch wenn die Gegenseite nur mit Wasser kocht, ist es eine irrige Annahme, Betriebsräte könnten ohne diese Unterstützung auf gleicher Augenhöhe verhandeln.“
Es sind die Ankündigungen des neuen Eigentümers Axel Vollmann, in den Standort an der Ruhrallee zu investieren und künftig dort auch Produkte der Vollmann-Gruppe produzieren zu lassen, die den Betriebsratsvorsitzenden „vorsichtig optimistisch“ in die Zukunft blicken lässt. Natürlich ist damit auch die Hoffnung auf einen Wieder-Anstieg der Beschäftigtenzahl verbunden.
Foto: AZ-Betriebsratsvorsitzender Bernd Rosien blickt „vorsichtig optimistisch in die Zukunft“ – IGM GH