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Trends in der digitalen Transformation

DGB: Der digitale Atlas

Die Arbeitswelt befindet sich in einer rasanten digitalen Transformation. Homeoffice und Digitalisierung der Arbeitsabläufe ermöglichen einerseits mehr Freiheiten und schnellere Abläufe, andererseits fördern sie größere Überwachung der Beschäftigten und entgrenzte Arbeitszeiten. Der „Atlas der digitalen Arbeit“, ein Gemeinschaftsprojekt des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und der Hans-Böckler-Stiftung (HBS), widmet sich den vielfältigen Themen und Fragen der digitalen Transformation der Arbeitswelt.

Der Atlas blickt auf verschiedene Branchen wie Auto, Chemie und Pharma, aber auch auf die Pflege und die öffentliche Hand. Er zeigt die Trends der Digitalisierung auf und blickt auf den Stand der Mitbestimmung im digitalen Kapitalismus. Er vermittelt anschaulich und prägnant die vielfältigen Aspekte der Digitalisierung der Arbeits- und Betriebswelt. Es geht um grundlegende Fragen: Wie weit sind smarte Computer und Roboter in diesen Bereichen auf dem Vormarsch? Welche Folgen hat das für die Beschäftigten? Wie viel verdienen Menschen in digitalen Berufen? Was verändert sich in der Berufsausbildung? Profitieren Frauen und Männer gleichermaßen von den Vorteilen der digitalen Arbeitswelt? Und übergreifend: Welche Ideen haben Politik und Gewerkschaften, damit es auch in einer smarten Zukunft gerecht und fair zugeht? Antworten darauf sind im Atlas der digitalen Arbeit zu finden.

Wirtschaft wandelt sich zur „Informationsökonomie“

Bisher ging es bei den Debatten in der Gesellschaft und den Gewerkschaften um die Digitalisierung vorrangig um Probleme der Automatisierung, der Kontrolle durch Daten und der Arbeitsplatzverluste. Weniger im Zentrum stand die Tatsache, dass sich die Wirtschaft zu einer „Informationsökonomie“ wandelt und das Internet sich als mächtige Infrastruktur und Basis eines neuartigen sozialen Handlungsraums etabliert. Ausgehend vom Internet und den darauf aufbauenden Technologien schlagen die Tech-Konzerne eine Brücke in die industriellen Kerne und die Zentren des Dienstleistungssektors. Maschinen, vom Auto bis zum Industrieroboter, werden nicht nur digital gesteuert, sondern sie liefern auch Daten und steuern selbst.

Dies verändert die globalen Wettbewerbsstrukturen. Wichtig ist nicht mehr nur, wo und mit welchen Kosten produziert wird, sondern welche digitale Infrastruktur wie genutzt wird. Gewachsene und über Jahrzehnte eingeübte Erfolgsrezepte stehen auf dem Prüfstand. Die Ansiedelung der Gigafactory von Tesla in Brandenburg macht die Brisanz dieser Entwicklung sichtbar. Das Unternehmen baut nicht einfach ein Auto. Es konzentriert sich darauf, wie dieses Auto in der Praxis genutzt wird. Dazu werden Auto und Internet als Einheit konzipiert. Die Wertschöpfung wird von den Daten und Informationen der Kund*innen her gedacht: Fahren sie meist in der Stadt oder weite Strecken? Was heißt das für das Fahrzeug, für die Batterie? Kann es anhand dieser Informationen besser konfiguriert werden? Das deutsche Produktions- und Sozialmodell steht damit vor einer historischen Herausforderung.

Regulierung der Plattformökonomie

Mit Blick auf die Plattformökonomie zeichnet der Atlas die Notwendigkeit politischer Regulierung von Arbeitsbedingungen, Bezahlung und sozialer Absicherung der Beschäftigten in der Branche. In diesem Sektor verstärkt der digitale Wandel den analogen Kapitalismus und schafft neue Formen der Ausbeutung. Sogenannte Clickworker*innen, digitale Gelegenheitsarbeiter*innen, nehmen Kleinstaufträge für wenige Euro auf Onlineplattformen an – von kurzen Produktbeschreibungen bis zu Lieferaufträgen. Treiber der digitalen Revolution sind unbestritten große US-Konzerne wie Amazon, die mit ihren Plattformen Prototypen geschaffen haben. Ihre enorme Reichweite, die mittlerweile weit über den Onlinehandel hinausgeht, geht einher mit harten Arbeitsbedingungen und einem gewerkschaftsfeindlichen Klima. Gewerkschaften wie ver.di kämpfen seit vielen Jahren für bessere Arbeitsbedingungen in dieser Branche. Das Grundproblem ist jedoch, dass die Plattformarbeit von staatlicher Seite nicht reguliert, wird beziehungsweise staatliche und europäische Regulierung teilweise die kollektive Interessensvertretung sogar behindert.

Digitaler Wandel – neue Formen der Ausbeutung

In der zunehmenden Digitalisierung der Arbeitswelt sind Gewerkschaften wichtig. Wo sie die Mitbestimmung vorantreiben, stehen die Beschäftigten besser da.  IG Metall und Betriebsräte haben in vielen Unternehmen dafür gesorgt, dass die rasante digitale Transformation auch im Interesse der Beschäftigten verläuft. So können Betriebsräte externe Sachverständige zur Beratung hinzuziehen, wenn zum Beispiel im Unternehmen selbstlernende Software eingeführt werden soll. Das reicht allerdings nicht aus, um die gravierenden Veränderungen, die die Digitalisierung mit sich bringt, fair und gerecht zu gestalten. Deshalb muss eine umfassende Reform des Betriebsverfassungsgesetzes schnell auf den Weg gebracht werden.

Beschäftigte in Berufen der Informations- und Kommunikationswirtschaft verdienen beispielsweise 14 Prozent mehr, wenn sie nach Tarifvertrag bezahlt werden. Aber nicht nur Löhne sind den Gewerkschaften ein Anliegen. Tarifpolitik in der digitalisierten Arbeitswelt bedeutet auch Arbeitszeit, Weiterbildungen und soziale Absicherung für Beschäftigte – ob im Büro, auf der Baustelle oder bei den Lieferdiensten. 

Innovative Wege der Betriebsratsarbeit

Der Atlas der digitalen Arbeit beschreibt auch positive Seiten der Digitalisierung. So gibt es viele neue innovative Wege für eine moderne Betriebsratsarbeit etwa beim weltgrößten Automobilzulieferer-Konzern Bosch. Dort und anderswo zeigt sich, dass Gewerkschaften und Betriebsräte in der digitalen Arbeitswelt als Treiber und Gestalter für eine innovationsfreundliche, regulierte Digitalisierung wirken. In Branchen und Unternehmen, in denen Betriebsräte Druck machen und mitbestimmen, wo es Tarifverträge gibt, die von Arbeitgebern und Gewerkschaften verhandelt wurden, wird der Wandel im Sinne einer weiteren Humanisierung der Arbeit gestaltet.

Atlas der digitalen Arbeit

Der Atlas der digitalen Arbeit, herausgegeben vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und der Hans-Böckler-Stiftung, sammelt alle wichtigen Daten und Fakten über die Beschäftigung der Zukunft.

Download und Bestellung

Sie können den Atlas der Arbeit hier als PDF herunterladen.

Sie können den Atlas außerdem hier in der gedruckten Version bestellen.

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