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Trippelschritte auf dem Weg zur Korrektur einer falschen Entscheidung?

Hattingen. Die WAZ titelte in den vergangenen Tagen „Hattingen ist wieder Rolltreppen-Stadt“ und berichtete „Kone kehrt mit der Endfertigung an seinen alten Produktionsstandort zurück“. In einer Halle im Gewerbepark Henrichshütte werden in China produzierte Baugruppen für Rolltreppen zusammengesetzt und für die Auslieferung an die Kunden vorbereitet.

„Kone Esalator Supply Service Center Europe“ laute der Name der Betriebseinheit in der Kerkemeier-Halle, schreibt die Hattinger Zeitung. Derzeit sind wieder 15 Beschäftigte in der Ruhrstadt tätig, die eine Hälfte ist mit dem Zusammenbau der Baugruppen beschäftigt, die andere übernehme den Aufbau der Anlagen beim Kunden. Schon seit April diesen Jahres hat im Satkom-Turm auf dem Hüttengelände das 20-köpfige „Supply Line“-Team, das mit der Entwicklung neuer Rolltreppen-Generationen beschäftigt ist, seinen neuen Sitz. Nach der Verlagerung der Produktion nach China, war das damals noch 80-köpfige Team aus dem Bürogebäude Nierenhoferstrasse an die Ruhrallee in Essen gezogen.

Die Montage in Hattingen sei „betriebswirtschaftlich viel sinnvoller, als die Container direkt zum Kunden zu bringen und vor Ort zusammen zubauen“, zitiert die WAZ den für den Hattinger Standort verantwortlichen Prokuristen Nobert  Balkenhol. Spätestens an dieser Stelle des WAZ-Artikels werden bei beteiligten KollegInnen, die im Frühsommer 2005 fast sechs Monate lang mit Unterstützung ihrer IG Metall für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze und des Rolltreppenwerkes an der Nierenhofer Straße gekämpft haben, die Erinnerungen wieder wach.

An die Hattinger „Marionetten“, die in der Betriebsversammlung am 17. März die Hiobsbotschaft, „die Fertigung wird stillgelegt und 325 Beschäftigte entlassen,“ der „Totengräber“ verkündeten, so der damalige Betriebsratsvorsitzende Willi Wannemüller. Die KollegInnen nahmen den Kampf gegen den finnischen Globalplayer in Helsinki auf: Sie protestierten bei der Sondersitzung der Stadtverordneten im Rathaus, führten Kundgebungen mit NRW-Wirtschaftsminister Harald Schartau und dem IG Metall-Vorsitzenden Jürgen Peters auf dem Untermarkt durch.

Die Menschenkette gemeinsam mit Hattinger BürgerInnen reichte vom Werkstor bis zur Stadtmitte. Im „Aktionszelt“ auf dem Parkplatz vorm Werkstor erklärten PfarrerInnen und PolitikerInnen aus Berlin ihre Solidarität, erfuhren SchülerInnen durch IG Metall-Vertrauensleute praktischen Unterricht vor Ort, bekräftigte der IG Metall-Ortsvorstand seine Unterstützung. Und nicht zuletzt erarbeiteten Betriebsratsmitglieder, Vertrauensleuten und Beschäftigte mit Unterstützung externer arbeitnehmernaher Berater eine Konzeption für ein „Europäisches Kompetenzzentrum mit Entwicklung, Konstruktion und Fertigung“ mit ca. 150 Arbeitsplätzen, das der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Heiko Körnich als „hohe intellektuelle Leistung“ bewertete.

Wer die damalige Konzeption noch in Umrissen kennt und mit den Aktivitäten neuerdings auf dem Hüttengelände vergleicht, ist nicht verwundert: Das alles hatten die Arbeitsgruppen der Beschäftigten vorgeschlagen. Nur der Vorschlag HD-Schwerlast-Treppen an der Ruhr zu produzieren, wurde bisher nicht realisiert. Der damalige finnische Konzerchef Matti Alahuhta, der wie der „Teufel das Weihwasser“ vermied, seinen Fuß in den deutschen Standort Hattingen zu setzen, erklärte im Juni 2005: „Wir wissen, dass wir mit der Schließung ein Risiko eingehen.“

Scheinbar war das Risiko so hoch, dass es nachträglich schrittweise korrigiert werden muss. Im Interesse der heutigen KONE-Beschäftigten und der Stadt Hattingen wäre diese zwar eine späte, doch richtige Korrektur einer damals falschen betriebswirtschaftlichen und sozilapolitischen Entscheidung.

Foto: 2000 protestieren gegen die Stilllegung von Kone am 8. April 2005 auf dem Untermarkt in Hattingen  IGM GH-Archiv

 

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