
Für viele steht der Urlaub vor der Tür. Jetzt im Juni ist auch die Zeit, in der üblicherweise in den Betrieben Urlaubsgeld ausgezahlt wird. Doch längst nicht jeder kommt hierzulande in den Genuss von Urlaubsgeld. Ein gesetzlicher Anspruch auf die Zahlung dieser Leistung besteht nicht.
„Die Wahrscheinlichkeit, ob ein Beschäftigter Urlaubsgeld erhält oder nicht, ist von mehreren Faktoren abhängig,“ sagt Thorsten Schulten, Leiter des WSI-Tarifarchivs.
Am wichtigsten ist die Frage, ob im Unternehmen ein Tarifvertrag gilt. Das bedeutet: Beschäftigte profitieren von einem Extra-Plus in der Reisekasse vor allem dann, wenn sie gewerkschaftlich organisiert sind – also einen Rechtsanspruch haben, und ihr Arbeitgeber tarifgebunden ist. Das betrifft laut WSI-Tarifarchiv der Hans-Böckler-Stiftung 69 Prozent der Beschäftigten. Dagegen können sich nur 36 Prozent auf Urlaubsgeld freuen, deren Chef nicht tarifgebunden ist. Aber auch die Branche und die Betriebsgröße ist mit entscheidend.(1)
Die Höhe des Extra-Plus
Die Höhe des tarifvertraglich vereinbarten Urlaubsgeldes fällt je nach Branche sehr unterschiedlich aus: Die Urlaubsgeldspanne liegt in diesem Jahr zwischen 155 und 2450 Euro in der mittleren Entgeltgruppe. Besonders hohe Sonderzahlungen gibt es in der Holz- und Kunststoffverarbeitung, in der Metallindustrie und in der papierverarbeitenden Industrie. Besonders wenig bekommen Arbeitnehmer*innen in landwirtschaftlichen Betrieben, im Steinkohlebergbau und im Hotel- und Gaststättengewerbe. In der chemischen Industrie hat sich das Urlaubsgeld im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. Mit dem letzten Tarifabschluss sprang es von 614 Euro auf 1200 Euro in Ost- und Westdeutschland.
Insgesamt erhalten Männer deutlich häufiger Urlaubsgeld (50 Prozent) als Frauen (41 Prozent). „Hier kommt zum Tragen, dass in den Berufen mit einem hohen Männeranteil überdurchschnittlich häufig Urlaubsgeld gezahlt wird,“ so Schulten. Hierzu zählen die Ingenieurberufe und andere technische Berufe. In den privaten Dienstleistungen, die einen hohen Frauenanteil aufweisen, wird hingegen deutlich seltener Urlaubsgeld gezahlt. Schlusslicht sind Callcenter, wo nur jeder vierte Beschäftigte (26 Prozent) Urlaubsgeld bekommt.
Sechs Wochen Zeit zum Relaxen
In den Branchen, in denen die IG Metall Tarifverträge abgeschlossen hat, beträgt das Urlaubsplus 50 Prozent des Durchschnittseinkommens. Bei 30 Tagen tarifvertraglichen Urlaub entspricht dies etwa 70 Prozent eines Monatseinkommen.
Zur Erinnerung: Metaller*innen haben einen tarifvertraglichen Anspruch auf 30 Tage Urlaub im Jahr. Weder Urlaubsgeld noch Urlaubstage sind Geschenke der Arbeitgeber. Die IG Metall-Mitglieder haben 1978 und 1979 für mehr Urlaub gestreikt. Das Ergebnis war ein Stufenplan, an dessen Ende 30 Tage Urlaub standen und die seit 1981 in den IG Metall-Tarifverträgen festgeschrieben sind.
Per Gesetz sind nur 24 Tage vorgeschrieben – und die auch nur für Beschäftigte, die sechs Tage in der Woche arbeiten. Bei einer Fünf-Tage-Woche muss der Arbeitgeber nach Gesetz den Arbeitnehmer*innen sogar nur 20 freie Tage genehmigen.
Sechs Wochen und das Extra für die Ferienkasse: Damit lässt es sich schon mal gut Urlaub machen.
Anmerkung
(1) Die Daten des Online-Portals Lohnspiegel.de beruhen auf einer kontinuierlichen Onlineumfrage unter Erwerbstätigen in Deutschland. Für die Analyse wurden mehr als 123.000 Datensätze berücksichtigt. Der Lohnspiegel ist ein nicht-kommerzielles Angebot der Hans-Böckler-Stiftung, mit dem Beschäftigte unter https://www.lohnspiegel.de/html/gehaltscheck.php ihr eigenes Gehalt mit den üblichen Gehältern in 430 Berufen vergleichen können.
Foto: Den Urlaub genießen – Foto privat