Widerstand gegen Verlagerungspläne

Sprockhövel. Geht es nach den Unternehmensverantwortlichen der PINTSCH BAMAG Gruppe sind die Tage der Produktion von Bauteilen für die Leit-und Sicherungstechnik am Standort Sprockhövel gezählt. Spätestens im 2. Halbjahr 2018, so eine erste Planung, soll die PINTSCH Tiefenbach GmbH mit derzeit 136 Beschäftigten an der Beisenbruchstrasse aus Kostengründen geschlossen und die Produktion auf das Firmengelände der Gruppe in Dinslaken verlagert werden.
Wieder einmal breitet sich Unruhe unter den Beschäftigten aus: Es war im Jahr 1996 als die Barmag AG in Remscheid, Anteilseignerin der Tiefenbach GmbH an der Nierenhoferstrasse in Essen-Kupferdreh die Bereiche Verkehrstechnik und Wasserhydraulik an die Sprockhöveler Hauhinco Maschinenfabrik verkaufte. Produktion und Teile der Beschäftigten zogen auf das Werksgelände der Hauhinco GmbH um. Seit 2012 gehört Tiefenbach zur PINTSCH BAMAG Antriebs- und Verkehrstechnik GmbH in Dinslaken, einem führenden Hersteller von sicherheitsrelevanten Produkten für die Bahninfrastruktur. Damit war bei den Arbeitnehmern die Hoffnung verbunden, dass endlich mal Ruhe einkehrt. Doch weit gefehlt.
Nach Auffassung der Unternehmensberatung Roland Berger soll die Standortverlagerung neben weiteren Maßnahmen dazu führen, die PINTSCH BAMAG Gruppe zu stabilisieren. Doch nach Auffassung des Sprockhöveler Betriebsrates wird damit genau der „gegenteilige Effekt“ ausgelöst. Schon die Ankündigung der Verlagerungsabsichten durch die Geschäftsführung vor Ort hatte „erste Abgänge von qualifizierten Kollegen zur Folge“, so der Betriebsratsvorsitzende Sven Bennenhei. Die Kolleginnen und Kollegen seien einfach „stinkig“ darüber, wie fahrlässig ihre Arbeitsplätze gefährdet werden. Die Motivation tendiere inzwischen in Richtung „Nullpunkt“.
Es seien nicht nur die künftigen weiten Wege mitten durch den „Verkehrsinfarkt“ des Ruhrgebiets, die den Beschäftigten zugemutet werden sollen. „Hier wird ein intakter Standort, an dem gut ausgebildete Beschäftigte technologisch hochwertige Produkte u.a. für die Steuerung von Rangierbahnhöfen entwickeln, herstellen und vertreiben, mutwillig in Frage gestellt,“ kritisiert das Betriebsratsmitglied Jörn Zirkelbach. Dem will das Betriebsratsgremium nicht tatenlos zu sehen.
Gemeinsam mit den arbeitnehmernahen Beratern der Project Consult GmbH (PCG) Essen, die das Konzept der Geschäftsführung und die wirtschaftliche Lage der Gruppe überprüfen soll, wollen sie Vorschläge zum Standorterhalt in Niedersprockhövel entwickeln. Gemeinsam mit den Beschäftigten wollen sie vor Ort die Arbeitsplätze sichern. Die Argumentation der Arbeitgeberseite und ihrer Berater mit der Verlagerung auf „freies Gelände“ in Dinslaken können jährliche Mietkosten in Sprockhövel eingespart werden, halten die Interessenvertreter für nicht stichhaltig. Dagegen stünden Verlagerungs- und Anlaufkosten sowie zusätzliche Ausgaben für mögliche Qualitätsverluste.
„Horror-Katalog“: Griff in die Taschen der Beschäftigten
Doch damit nicht genug: Ließ schon die Verlagerungs-Ankündigung die Motivation rapide sinken, führte die Bekanntgabe des „Horror-Katalogs“, der zur wirtschaftlichen Stabilisierung der PINTSCH BAMAG Gruppe beitragen soll, erst recht dazu, dass die Kolleginnen und Kollegen „richtig stinkig“ wurden, betonen Sven Bennenhei und Jörn Zirkelbach. Unter dem Stichwort „Arbeitnehmerbeitrag“ sollen tarifvertragliche Leistungen wie Weihnachtsgeld und Urlaubsgelt, die in 2018 zu erwartende Entgelterhöhung nicht gezahlt und gleichzeitig die Arbeitszeit verlängert werden. Und das auch noch vor dem Hintergrund eines geplanten Arbeitsplatzabbaus.
„Statt zukunftsfähige und nachhaltige Konzepte zu entwickeln, soll wieder einmal nur den ArbeitnehmerInnen in die Tasche gegriffen werden,“ sagte Clarissa Bader, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Gevelsberg-Hattingen. Das sei keine verantwortungsvolle Unternehmenspolitik und sei „in dieser Form“ mit der IG Metall nicht zu machen. Die Gewerkschaft ist für die Verhandlungen über eventuelle Abweichungen vom Tarifvertrag zuständig.
Den Betriebsratsmitgliedern in Sprockhövel stehen in den kommenden Wochen schwierige Gespräche und Verhandlungen bevor. Doch Sven Bennenhei sowie seinen Kolleginnen und Kollegen ist davor nicht bange. Sie sind überzeugt, dass sie gute Argumente haben, die für den Standort in Niedersprockhövel sprechen. Und dafür einzutreten, also die Arbeitsplätze in der Region zu sichern, „lohne sich allemal“. Sie wissen, dass sie sich dabei auf ihre KollegInnen im Betrieb und ihre IG Metall stützen können.
Foto: Betriebsratsvorsitzender Sven Bennenhei und Betriebsratsmitglied Jörn Zirkelbach (v.l.n.r)
Foto: IGM GH