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„Wir werden deinen Kampf fortsetzen!“

Die IG Metall Gevelsberg-Hattingen betrauert den Tod von Willi Ebbinghaus, ehemaliger Betriebsratsvorsitzender der Franz Wieland Apparatebau GmbH Sprockhövel, Mitglied der IG Metall-Delegiertenversammlung, ehemaliger DKP-Stadtverordneter und Träger des Titels „Stadtältester“ in Gevelsberg.
„Seine Familie verliert einen wunderbaren Menschen und wir einen unermüdlichen Streiter gegen Ausbeutung und für soziale Gerechtigkeit,“ so Clarissa Bader, 1. Bevollmächtigte der IG Metall Gevelsberg-Hattingen.

Immer dann, wenn Willi Ebbinghaus in der Delegiertenversammlung seiner IG Metall das Wort ergriff, wollte er aufklären: Über die gegensätzlichen Interessen zwischen Arbeit und Kapital, die Ursachen für den zunehmenden Druck auf die arbeitenden Menschen in den Betrieben. Sein politisches Anliegen war, jüngeren gewerkschaftlichen Funktionären zu vermitteln, wie wichtig es ist zu wissen, auf welcher Seite man steht und dass die Gewerkschaft keine Versicherung, sondern eine Kampforganisation ist. Für den 85-jährigen Metaller, der Mitte Dezember 2019 verstorben ist, hat immer fest gestanden: „Der Kampf um die Köpfe – für das richtige (Klassen-) Bewusstsein ist nie zu Ende,“ ganz im Sinne des italienischen marxistischen Philosophen Antonio Gramsci, der einmal sagte: „Bildet Euch, denn wir brauchen all Eure Klugheit. Bewegt Euch, denn wir brauchen Eure ganze Begeisterung. Organisiert Euch, denn wir brauchen Eure ganze Kraft.“                                                                                                                                                                     

Willi wurde 1934 in Gevelsberg geboren, wo er auch seine Kindheitsjahre verbracht hat. Aufgrund der allgemeinen „Jugenddienstpflicht“ musste er 1944 als Pimpf zum „Deutschen Jungvolk“. Als im Frühjahr 1945 die Wehrmachtssoldaten die vorrückenden US-amerikanischen Truppen Gevelsberg mit Artilleriefeuer belegten, sollten sie Munitionskisten ran schleppen, „da haben wir uns schnellstens aus dem Staub gemacht“, erzählte Willi in einem Gespräch mit der Redaktion. 1950 hat Willi bei der Verpackungsmaschinenfabrik Fr. Niepmann seine dreieinhalbjährige Lehre als Maschinenschlosser begonnen. Sein Vater, ein Hauskassierer für Gewerkschaftsbeiträge, nahm ihn im gleichen Jahr in die IG Metall auf.

Geprägt durch sein Elternhaus wurde Willi frühzeitig gewerkschaftlich aktiv. Seine Lehrlings-Kollegen wählten ihn zum Jugendvertreter und auf der örtlichen Ebene engagierte er sich in der Gewerkschaftsjugend. Diese, aber auch seine sportlichen Aktivtäten im Arbeiter-Radfahrerbund „Solidarität“, trugen wesentlich zu seiner Politisierung bei. Für Willi gehörten linke Politik und Gewerkschaftspolitik immer zusammen: Es ist die Voraussetzung, die Missstände der bestehenden Gesellschaft zu analysieren und gemeinsam mit der Arbeiterbewegung für ihre Beseitigung zu kämpfen.

Mitte der 50er-Jahre wechselte Willi Ebbinghaus zur Fräsmaschinenfabrik Busch in Haßlinghausen. Da er sich in den Betriebsversammlungen immer zu Wort gemeldet hat, wählten ihn die Kolleg*innen 1957 in den Betriebsrat. Von Anfang der 1960-er Jahre bis 1971 hatte Willi den Vorsitz des Betriebsratsgremiums inne und setzte mit seinen Kollegen Verbesserungen der Arbeits- und Entlohnungsbedingungen für die 180 Beschäftigen durch. „Du musst dich um ihre Probleme und Sorgen kümmern, dann gewinnst du ihr Vertrauen, dann sie sind bereit sich für ihre Forderungen einzusetzen.“ Davon war Willi zutiefst überzeugt. Die IG Metall-Mitglieder wählten ihn in die Vertreterversammlung der IG Metall Gevelsberg (heute Delegiertenversammlung).

Foto: Willi und Mäggi (1. u. 2. v.r.) auf einer Antikriegstagveranstaltung in Hattingen

Für den Gewerkschafter Willi, hieß engagierte Interessenvertretung der arbeitenden Menschen ihre Probleme auch außerhalb des Betriebes deutlich zu machen. So wurde er zu Beginn der 1960-er Jahre Mitglied der illegalen Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), die in der Hochphase des Kalten Krieges auf Betreiben der Adenauer-Regierung 1956 verboten wurde. Er ließ sich von seiner politischen Überzeugung leiten, die er immer mit seiner Frau Margarete geteilt hat. Er hatte Mäggie beim Tanzen in der „Gaststätte zum Strandbad“ kennengelernt und 1959 geheiratet. Gemeinsam arbeiteten sie zusammen im Sozialistischen Forum „August-Bebel-Kreis“ und waren 1968 Mitbegründer*innen der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) in Gevelsberg, im Ennepe-Ruhr-Kreis-Süd und in NRW.

Nach seinem Studium 1971/72 an der „Internationalen Universität“ in Moskau wurde ihm bei seiner Rückkehr die Wiederbeschäftigung bei Busch verwehrt. Er fand eine Anstellung als Schlosser bei einer Wuppertaler Zweigniederlassung der Gebr. Hilgeland in Ennepetal. Schließlich nahm er bei der DKP eine hauptamtliche Tätigkeit auf, die er bis 1990 ausübte, zuletzt als Referent beim Parteivorstand in Düsseldorf.

1979 wurden Willi Ebbinghaus, Margarete Ebbinghaus und Herbert Wils zum ersten Mal in den Gevelsberger Stadtrat gewählt. Fünf Jahre später berichtete Der Spiegel unter der Überschrift „Im Grunde grandios“, dass in mehreren Ruhrgebiets-Kommunen DKP-Kandidaten verblüffende Erfolge erzielten: Im bergischen Gevelsberg steigerten sie sich von 7,4 auf 12,3 Prozent und errangen sechs Sitze. (Heft 41/1984)
Willi war bis zum Ausscheiden der Partei 1994 aus dem Stadtparlament ihr Fraktionsvorsitzender. Für seine 15-jährige Tätigkeit im Stadtrat wurde ihm der Ehrentitel „Stadtältester“ verliehen.

Willi war zuletzt bei der Franz Wieland Apparatebau GmbH (heute: GEA Happel Wieland GmbH) in Sprockhövel als Werkzeugmacher und Maschineneinrichter tätig. Auch hier dauerte es nicht lange bis ihn die Kolleg*innen in den Betriebsrat wählten. Er übernahm den Vorsitz bis er 1995 nach einem Unfall mit 61 Jahren berufsunfähig aus dem Arbeitsleben ausgeschieden ist.

Es folgte kein Ruhe- sondern ein „Unruhe“stand: Willi war gemeinsam mit Margarete aktiv im „August-Bebel-Kreis“, in der DKP und in der VVN-BdA. Mit Freude wirkten sie auch in einer der zwölf „Kirmesgruppen“ mit, die den jährlichen Gevelsberger Kirmeszug mit fantasievollen Wagen gestaltet. Und bis zum Schluss mischte sich Willi in die Debatten im „DGB-Senioren-Arbeitskreis“ und in der Delegiertenversammlung der IG Metall Gevelsberg-Hattingen ein.

Er und seine Mäggi, mit der er noch im letzten Jahr die Diamantene Hochzeit feiern konnte, hatten noch viel vor, doch diese gemeinsamen Pläne wurden durch seinen Tod abrupt beendet.

Die Trauerfeier für unseren Kollegen Willi Ebbinghaus findet am Montag, 06. Januar 2020 um 9.30 Uhr in der Kapelle des Zentralfriedhofs Gevelsberg, Berchemallee 40, statt.

Fotos: Willi Ebbinghaus (1.Reihe links) in der Delegiertenversammlung der IG Metall Gevelsberg-Hattingen Fotos: IGM GH-Archiv

 

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