
Gebannt und schweigend starrten die versammelten Stahlarbeiter und Unterstützer am 18. Dezember 1987 auf den Hochofen III. Noch einmal tauchte der „schwarze Riese“ den Himmel über Hattingen in Rot, seine Gasfackel loderte im Wind. Die letzten 100 Tonnen Eisen flossen in den bereitstehenden Torpedopfannenwagen.
Viele der 2.500 Kolleginnen und Kollegen, die sich nach der letzten Belegschaftsversammlung der Henrichshütte vor der Hochofenanlage „da unten“ versammelt hatten, konnten gar nicht hinsehen und wandten sich ab, während „da oben“ auf der Bühne der Hüttenvorstand der „feierlichen Endabnahme“ beiwohnte. Nicht ohne zuvor das von den Kollegen angebrachte Transparent mit der Forderung nach „Vergesellschaftung der Stahlindustrie“ entfernen zu lassen. Es fehlte nur der Sekt, die Zigarren und die Melonen, um das hässliche Gesicht des Kapitalismus, wie so oft im Simplizissimus’ karikiert, sichtbar werden zu lassen.
Plötzlich erschütterte ein lauter Knall das Werksgelände. Die letzten Gase verpufften: Das stählerne Herz der Hütte war tot. An diesem grauen Dezembermorgen ging die 133-jährige Geschichte der Henrichshütte im Hattinger Ruhrtal zu Ende.
Zur Erinnerung an 133 Jahre „Stahlstadt Hattingen“ und den 12 Monate andauernden, erbitterten Kampf der Stahlarbeiter gemeinsam mit ihrer IG Metall um den Erhalt der Hütte und für die Schaffung von Ersatzarbeitsplätzen werden
am Mittwoch, 18. Dezember 2019 um 10.30 Uhr Thingstrasse, Markplatz in Hattingen-Welper
die Skulpturen von Egon Stratmann
„Zwei Schmelzer“
der Öffentlichkeit übergeben.
Im März 1988 hatte die Zeitschrift GEO ihren 20-seitigen Bericht über Hattingen überschrieben: „Eine Heimat geht bankrott“. Dass dies nicht eintrat, schon allein dafür hat sich der Kampf der Stahlarbeiter*innen mit ihren Frauen und Kindern sowie ihrer Gewerkschaft IG Metall unterstützt durch die Bürger*innen der Stadt Hattingen gelohnt.
Foto: „Fahnen des Widerstands“ von Egon Stratmann am Hochofen 1987 – IGM GH-Archiv